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Fleisch-Skandal: Elchfleisch war vom Hirschen

Vor dem Landgericht Landshut hat der Prozess gegen den Inhaber des einstmals größten Wildbetriebs Europas, Berger Wild, begonnen.

Landshut - Die Staatsanwaltschaft wirft dem 51 Jahre alten Karl Heinz Berger gewerbsmäßigen Betrug in 14 Fällen sowie Verstöße gegen das Lebensmittelrecht vor. Zu Beginn des Prozesses machte der Angeklagte keine Angaben.

Sein Verteidiger Hartmut Finger beantragte die Einstellung des Verfahrens. Der Fall sei "durch die Presse und Politik aufgepeitscht" worden, argumentierte er und rügte, sein Mandant sei Opfer einer "Hexenjagd". Das Gericht wies den Antrag zurück. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass sich die öffentliche Meinung auf das Verhältnis zwischen Gericht und Angeklagtem ausgewirkt hätte, erklärte das Gericht.

Tiefkühlware statt Frischfleisch

Das Passauer Unternehmen soll unter anderem 43 Tonnen Hirschfleisch als Frischware verkauft haben, obwohl es sich zum Teil um aufgetaute Tiefkühlprodukte gehandelt habe. Auch soll Berger Wild in mehreren Fällen die Etiketten mit dem Haltbarkeitsdatum der Ware manipuliert und so abgelaufenes Fleisch in den Handel gebracht haben. Darüber hinaus seien 96 Tonnen als reines Elchgulasch deklariertes Fleisch mit Hirschfleisch gestreckt worden, da nicht genügend Elchfleisch am Markt verfügbar gewesen sei.

Der erste Zeuge im Prozess, der als federführender Ermittler im Fall des "Elchgulaschs" tätig war, kritisierte die fehlende Sicherung der firmeninternen Software: "Jeder hätte bei der verwendeten Software Daten wie Mindesthaltbarkeitsdatum manipulieren können, auch im Nachhinein", gab er zu bedenken. Zudem habe das System einen Einzelnachweis der Tagesproduktionen unmöglich gemacht.

"Wir konnten feststellen, dass in dem Betrieb nicht so viel Elchfleisch vorhanden war, als ausgeliefert wurde", betonte der Zeuge. Einzelne Tagesproduktionen seien jedoch nicht nachweisbar. Nach Bekanntwerden des Skandals habe man von den Restbeständen Proben genommen, die ergaben, dass die als "Elchfleisch" deklarierte Ware "zu hundert Prozent" Hirschfleisch gewesen sei.

"Ekel und Widerwillen"

Die Staatsanwaltschaft wirft Berger zudem mangelnde Hygiene in den Betrieben vor. Die Sauberkeit der Produktionsstätten soll sich seit Herbst 2005 durch häufige Personalwechsel verschlechtert haben. Die Zustände in den Betrieben hätten beim Verbraucher "Ekel und Widerwillen" hervorgerufen, heißt es in der Anklageschrift. Arbeitsgeräte und Zerlegetische, die in direkten Kontakt mit den Lebensmitteln gekommen waren, seien stark verschmutzt, Türen und Türgriffe mit Blut und Fett verschmiert gewesen. Zudem sei Kondenswasser und Schimmelbildung festgestellt worden.

In ganz Deutschland und im europäischen Ausland waren im Zuge des Skandals in Umlauf gelangte Produkte zurückgerufen worden. Die Behörden entzogen Berger Wild schließlich die Zulassungen. Ende Januar meldete die Firma Insolvenz an.

Für den Prozess sind fünf Termine angesetzt, ein Urteil wird am 7. November erwartet. (Von Manuela Gotthartsleitner-Wagner, ddp)

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