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Einigung in Flüchtlingsfragen: Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller und der evangelische Bischof Markus Dröge trafen sich am Montag im Rahmen einer Senatssitzung in der Martin-Luther-Gemeinde in Berlin-Neukölln.

© Jörg Carstensen/dpa

Flüchtlinge: Kirche und Staat müssen zusammenarbeiten

Der Streit über das Kirchenasyl ist beigelegt und auch in Berlin nähern sich Kirche und Staat wieder an. Das ist gut so, denn beide Seiten sind bei der Unterstützung der Flüchtlinge aufeinander angewiesen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Claudia Keller

Der evangelische Landesbischof Markus Dröge hat am Montag dem Senat angeboten, tausende weitere Flüchtlinge in kirchlichen Wohnheimen aufzunehmen und zu betreuen. Gut zehn Prozent der 12 000 Flüchtlinge in Berlin leben schon jetzt in Häusern, die zu Diakonie, Caritas und Stadtmission gehören. Auch will die evangelische Kirche 500 000 Euro für die Begleitung von Flüchtlingen bereitstellen.

Sicher, es ist den Kirchen von der Bibel her aufgetragen, sich um Flüchtlinge, Arme und Gestrandete zu kümmern. Und die Kosten für die Unterbringung der Menschen zahlt ohnehin das Land. Also nicht der Rede wert? Doch. Denn ohne die vielen Christen, die ehrenamtlich helfen, gäbe es zwar Turnhallen, Stockbetten und Lebensmittel für die Menschen, die hier Zuflucht suchen. Doch es würde an menschlichem Zuspruch fehlen. Es würden viel weniger Nachbarn in den Flüchtlingsunterkünften vorbeischauen und fragen, wie es geht. Es würden Moderatoren fehlen, wenn es Schwierigkeiten mit Behörden gibt, und an Anwälten, die für die Rechte der Neuankömmlinge streiten.

In den vergangenen Jahren knirschte es zwischen Senat und Kirche gewaltig

Klaus Wowereit wusste, wie wichtig die Christen für das Zusammenleben mit den Flüchtlingen in der Stadt sind. Und doch knirschte es im vergangenen Jahr heftig zwischen den Kirchen und dem Senat. Die Kirchen fühlten sich betrogen, was die Versprechungen für die Flüchtlinge vom Oranienplatz angeht. Die Bischöfe mahnten mit steigendem Zorn, dass die Flüchtlinge Perspektiven brauchen. Und einige Senatoren fühlten sich genervt von dem Drängen und Klagen der Kirchenleute.

Gut, dass Kirchenleitung und Senat mit dem Regierenden Bürgermeister Michael Müller an der Spitze am Montag ihre „gute Partnerschaft“ neu beschworen haben und versprachen, enger zusammenzuarbeiten. Gut auch, dass das Bundesinnenministerium am Freitag Luft aus dem seit Wochen schwelenden Streit über das Kirchenasyl abgelassen hat. Vorerst werden keine Fristen verschärft. Bundesinnenminister Thomas de Maizière hatte zuvor gesagt, er lehne das Kirchenasyl „prinzipiell und fundamental“ ab. Die Kirchen waren schockiert. Ausgerechnet de Maizière: sitzt im Präsidium vom Kirchentag, liest morgens Herrnhuter Losungen – und dann das.

Die private und kirchliche Unterstützung hat ihre Grenzen - und ist doch wichtig

Doch private und kirchliche Unterstützung, sei es für Flüchtlinge, Obdachlose oder für kulturelle Belange, hat ihre Grenzen – sei sie noch so gut gemeint. Die Grenzen sind dort, wo das Engagement mit den Gesetzen in Konflikt gerät. Es ist die Aufgabe und die Pflicht des Innenministers, darauf hinzuweisen. Sein Vergleich des Kirchenasyls mit der islamischen Scharia war drastisch gewählt und wenig versöhnlich gemeint. Er hätte einen anderen Ton wählen sollen.

Doch würde morgen eine Moscheegemeinde, vielleicht eine salafistische, auf die Idee kommen, syrischen Flüchtlingen „Moschee- Asyl“ zu bieten, wäre die Angst vor Radikalisierung und wohl auch der gesellschaftliche Aufschrei groß. Moscheen zu verbieten, was Kirchen gewährt wird, ist in einer religiös zunehmend pluralen Gesellschaft schwierig. Deshalb muss es beim Kirchenasyl bei Einzelfällen und einer sorgfältigen Abwägung bleiben.

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