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Flugsicherheit: Viele Kontrollen, weniger Flüge

Durch die verstärkten Sicherheitsmaßnahmen stoßen die Flughäfen an ihre Grenzen. Für Passagiere ist eines sicher: Fliegen wird in Zukunft nicht angenehmer.

Frankfurt/Main - Die Tinte der seit langer Zeit wieder erfreulichen Halbjahreszahlen ist noch nicht ganz trocken, schon werden die Fluggesellschaften weltweit erneut auf eine harte Probe gestellt. Der Terroralarm in London lässt ungute Erinnerungen an die Krise der Luftfahrt nach dem 11. September 2001 aufkommen, als der internationale Luftverkehr um rund ein Drittel schrumpfte. Doch der Schock währte diesmal nur kurz, schon am Freitag erholten sich die Börsen wieder leicht. "Zum Glück ist nichts passiert", sagt NordLB-Analystin Martina Noß. "Andernfalls wäre das verheerend gewesen."

Dennoch bleibt ein ungutes Gefühl. "Der Beweis, dass die bisher geltenden Sicherheitsmaßnahmen zuverlässig wirken, ist damit noch nicht erbracht", sagt Noß. Schließlich hätten die Behörden die vermeintlichen Attentäter vor den Sicherheitschecks geschnappt. Dennoch rüsten die Behörden auf: Die britischen Flughäfen erlauben für das Handgepäck nur noch das Allernötigste wie Papiere oder Medikamente. Kein Handy, keine Zigaretten, kein Schlüssel mit Fernbedienung. Sogar Babynahrung muss vor den Augen der Sicherheitsleute probiert werden. Es könnte ja Flüssigsprengstoff in dem Fläschchen sein. Dass der Spuk schnell vorüber ist, glauben nur wenige. "Die Standards werden noch länger auf diesem Niveau bleiben", sagt Luftfahrtexpertin Noß.

Eines ist sicher: Fliegen wird in Zukunft nicht angenehmer. Die Passagiere müssen sich an neue, schärfere Auflagen gewöhnen. Dabei mag es für den Urlauber noch verkraftbar sein, dass er kein Buch lesen oder während des Fluges keine Musik auf seinem IPod hören darf - für Geschäftsreisende ist der Fakt, dass sie etwa nach Großbritannien kein Laptop mitnehmen dürfen, mehr als nur unangenehm. "Es ist sehr hinderlich, im Flugzeug nicht arbeiten zu können", sagt ein Banker, der ungenannt bleiben will. "Ich glaube, dass wir in Zukunft mehr Situationen wie diese erleben werden, das wird das Reisen immer komplizierter machen", glaubt Wolfgang Brutting, unterwegs von Hongkong nach Frankfurt. "Der Aufwand wird ein neuer Faktor, den es einzukalkulieren gilt."

Das sehen auch viele Analysten so und rechnen mit einem - zumindest zeitweiligen - Einbruch bei den lukrativen Geschäftsreisen. Viele Manager dürften wenig begeistert sein, wenn sie stundenlang warten und dann auch noch vertrauliche Firmenunterlagen aus der Hand geben müssen. Davon profitieren offenbar bereits die Privatflieger. "Wir haben seit der Terrorwarnung deutlich mehr Aufträge", zitiert die "WirtschaftsWoche" Greta Hesse von Air Partner, dem weltgrößten Vermittler von Businessjets. "Bei uns brauchen die Kunden nach wie vor bloß fünf Minuten von der Limousine bis ins Flugzeug."

Auch wenn die Experten glauben, dass die neuen Sicherheitsmaßnahmen eine weitere Hürde neben engen Sitzen, vollen Maschinen, schlechtem Essen und langen Schlangen vor wenigen Toiletten sind, gehen die meisten nicht von einem lang anhaltenden Sinkflug der Branche aus. "Zwar wird nur die Zeit zeigen, ob sich das Vertrauen der Passagiere in's Fliegen abschwächt, aber wir sehen keinen anhaltenden Negativtrend", sagt Victor Shum, Analyst bei Purvin und Gertz in Singapur. "Wenn sich die erste Verunsicherung wieder gelegt hat, erwarten wir wieder eine Nachfrage auf normalem Niveau", sagt auch BNP Paribas-Analyst Nick van den Brul.

Die neue Terrorwarnung trifft die Fluggesellschaften zu einer ungünstigen Zeit. Zwar haben fast alle in den vergangenen Jahren den Rotstift angesetzt, und selbst die chronisch defizitären US-Gesellschaften haben für das erste halbe Jahr passable Ergebnisse vorzuweisen. Doch die Rekordölpreise fressen bei vielen die Einsparungen wieder auf. Mehr Sicherheit aber kostet die Flughafenbetreiber mehr Geld, das sie sich von den Airlines wiederholen werden, sind sich die Analysten einig. "Sobald es der Wettbewerb zulässt, wird sich das im Preis widerspiegeln", sagt Noß. Das ist dann wie mit den Kerosinzuschlägen - sobald einer anhebt, folgen die anderen. (tso/AFP)

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