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Föderalismus: Die Reform kann kommen

Die Eckpunkte der Föderalismusreform sind nach jahrelangen Verhandlungen zwischen Bund und Ländern unter Dach und Fach. Eine Spitzenrunde von Landes- und Bundespolitikern räumte heute die letzten Streitpunkte aus.

Berlin - Die Runde, bestehend aus aus Ministerpräsidenten, Bundesministern und den Fraktionschefs der großen Koalition, einigte sich am Donnerstag abschließend auf die Reichweite der Länderrechte in der Gesetzgebung. Das teilten die Parlamentarischen Geschäftsführer von Union und SPD, Norbert Röttgen (CDU) und Olaf Scholz (SPD), mit.

Damit kann die größte Verfassungsreform seit 1949, mit der das Kräfteverhältnis zwischen Bund und Ländern neu justiert wird, wie geplant am 10. März in Bundestag und Bundesrat erstmals beraten werden. Bei zügigen Diskussionen in beiden Häusern könnte die Reform, die ein zentrales Vorhaben der großen Koalition ist, noch vor der Sommerpause verabschiedet werden. Allerdings zeichnet sich immer stärker ab, dass es im Gesetzgebungsverfahren noch zu erheblichen Kontroversen kommen wird. Grüne und Linkspartei bekräftigen ihren Widerstand wegen der Verlagerung von Bildungskompetenzen auf die Länder.

Scholz sprach im Anschluss an das Treffen von einem «gutem Start» in die abschließenden Gesetzesberatungen. Nach Ansicht von Röttgen werden mit der Reform gegenseitige «Blockaden und Verhinderungen» der Vergangenheit angehören. Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) sprach von einem «wuchtigen Schritt» für mehr Reformfähigkeit in Deutschland. Nach Angaben von Berlins Regierendem Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) sollen am 6. März die Ministerpräsidenten der Reform endgültig zustimmen. An diesem Tag werden auch das Bundeskabinett und die Fraktionen darüber beraten.

Kern der Reform ist, dass die Länder Zustimmungsrechte im Bundesrat abgeben, dafür aber mehr eigene Zuständigkeiten erhalten. Damit soll die Gesetzgebung erheblich beschleunigt und gegenseitige Blockaden von Bundestag und Bundesrat ausgeschlossen werden, wie sie zum Teil während der Regierungszeit der rot-grünen Koalition herrschten.

Im Gegenzug zur Reduzierung der Zustimmungsrechte von jetzt 70 auf 30 bis 40 Prozent bei allen Bundesgesetzen erhalten die Länder mehr eigene Kompetenzen. Sie können künftig in einigen Bereichen, in denen nach wie vor der Bund zunächst das Sagen hat, von Bundesregelungen abweichen. Das betrifft etwa das Umwelt- und Hochschulrecht. Zudem wird den Ländern die Möglichkeit eingeräumt, eigenständige Regelungen für das Verwaltungsverfahren von Bundesgesetzen zu erlassen.

Bei der konkreten Ausgestaltung der Abweichungsrechte in Form von Gesetzentwürfen war zuletzt der Streit entstanden. Die Länder beanspruchten im Kern, dass der Bund in jenen Bereichen künftig keine Regelungen mehr erlassen darf, in denen sie von ihren Abweichungsrechten Gebrauch machen. Zudem wollten die Länder erreichen, auch nachträglich Verwaltungsvorschriften zu bestehenden Bundesgesetzen verabschieden zu dürfen.

Hier wurde nun ein Kompromiss gefunden. Der Bund darf stets neue Vorschriften erlassen, von denen die Ländern aber später abweichen können. Beim zweiten Punkt verständigten sich Bund und Länder auf eine Übergangsfrist bis 2009, in der die Länder eigene Vorschriften erlassen dürfen, wenn der Bund Änderungen in dem jeweiligen Gesetz vornimmt. Auch wurde dem Bund das Recht eingeräumt, ein umfassendes Umweltgesetzbuch zu verabschieden. Bis dies der Fall ist, gilt das alte Bundesrecht für drei Jahre weiter.

Zu dem Treffen hatten die Fraktionschefs Volker Kauder (CDU) und Peter Struck (SPD) eingeladen. An ihm hatten auch Justizministerin Brigitte Zypries (SPD), Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) sowie Kanzleramtschef Thomas de Maizière (CDU) teilgenommen. Von Länderseite war neben Stoiber und Wowereit auch Nordrhein-Westfalens Regierungschef Jürgen Rüttgers (CDU) erschienen.

Die Verlagerung von Kompetenzen auf die Länder in den Bereichen Hochschule und Bildung sorgt für immer weitere Kritik an der Reform. Bildungsverbände und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) verlangten, das Thema Bildung auszuklammern. Grünen- Fraktionschefin Renate Künast verlangte in einem dpa-Gespräch, erneut eine sorgfältige Beratung. «Eine Verfassungsreform im Schweinsgalopp darf es nicht geben. Wir wollen eine ordentliche Beratung im Bundestag, die auch Sinn und Wirkungen durchleuchtet.» (tso/dpa)

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