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Frankfurt am Main: Streit wegen Burka im Amt

Frankfurt am Main droht eine gerichtliche Auseinandersetzung mit einer muslimischen Mitarbeiterin, die voll verschleiert im Bürgeramt der Stadt arbeiten möchte.

Ausgerechnet der Multikulti-Stadt Frankfurt am Main, die sich stets ihrer Integrationsleistungen rühmt, droht eine gerichtliche Auseinandersetzung mit einer muslimischen Mitarbeiterin, die voll verschleiert im Bürgeramt der Stadt arbeiten möchte. Die 39-Jährige wollte am Dienstag nach langer Kinderpause an ihren Arbeitsplatz zurückkehren. Doch der Personaldezernent Markus Frank (CDU) stellte sich quer. „Unsere Mitarbeiter zeigen Gesicht“, erklärte Frank. Die bekennende Burka-Trägerin habe jetzt ein paar Tage Zeit, sich zu besinnen; eine voll verschleierte Mitarbeiterin im Bürgeramt der Stadt werde er nicht akzeptieren.

Der Personaldezernent wird bei dieser Haltung nicht nur von seinen Koalitionspartnern im Römer, den Grünen und der FDP, unterstützt, sondern auch von der Opposition. Rückendeckung kommt auch von Hessens Innenminister, Boris Rhein, der gleichzeitig Vorsitzender der Frankfurter CDU ist. Der Minister gab am Mittwoch einen Erlass heraus, nach dem im öffentlichen Dienst des Landes Hessen die Vollverschleierung grundsätzlich untersagt ist. Ausnahmen seien nur denkbar, wenn Mitarbeiterinnen keinerlei „Kundenkontakt“ hätten.

Auch Muslime reagieren positiv auf die Entscheidung der Stadt Frankfurt. Sie sei verärgert, dass die Mitarbeiterin des Bürgeramts nach der Auseinandersetzung um Sarrazins Thesen auch noch diese Debatte lostrete, sagte Naime Cakir, Vorsitzende des Kompetenzzentrums muslimischer Frauen dem Tagesspiegel. Das Tragen einer Burka überschreite die Toleranz auch vieler Muslime, zumal es im Koran keine einzige entsprechende Vorschrift gebe. Die Generalsekretärin des „Zentralrats der Muslime“, Nurhan Soykan erklärte, man stehe zwar für die Selbstbestimmung der Frau ein, die Forderung, im Niqab zu arbeiten, sei aber „kontraproduktiv“. Die große Mehrheit der Muslime sehe dazu auch gar keine religiöse Verpflichtung.

Fragt man den Chef des Presseamts der Stadt, Thomas Scheben, nach den Motiven der Mitarbeiterin, zeigt er sich ratlos. Vor ihrer langen Arbeitspause, in der sie vier Kinder zur Welt gebracht hat, habe er mit der Deutsch-Marokkanerin zusammengearbeitet. Damals habe sie lediglich „ein Kopftüchlein“ getragen. Den Einstellungswandel könne er, studierter Orientalist, sich nicht erklären; ohnehin sei im marokkanischen Kulturkreis die Vollverschleierung völlig unüblich, so Scheben.

Der Chef der hessischen Grünen, Tarek Al-Wazir, nimmt den Fall zum Anlass, an ein Versprechen der schwarz-gelben Regierungskoalition in Wiesbaden zu erinnern, die Einführung von islamischem Religions- oder Religionskundeunterricht. Nur so könne man den abenteuerlichsten Fundamentalisten begegnen, die mit der Forderung nach Vollverschleierung der Frauen eine Tradition zum religiösen Gebot erhoben hätten, obwohl es dafür keine theologische Grundlage gebe, sagte Al-Wazir zum Tagesspiegel.

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