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Politik: Frankreich bietet Bagdad Hilfe an

Truppen aber erst, wenn das Land souverän ist / Schiiten drohen USA mit Fatwa gegen Übergangsregierung

DER IRAK NACH DEM KRIEG

Paris/Bagdad (AFP/AP/rtr/dpa). Frankreich prüft nach den Worten von Außenminister Dominique de Villepin einen Einsatz im Irak, um dort nach einer Rückgabe der Souveränität an die Iraker für mehr Sicherheit zu sorgen. Die Regierung bereite sich bereits jetzt auf eine Anfrage aus dem Irak vor, sagte de Villepin am Freitag vor Journalisten in Paris. Der Einsatz könnte aber erst erfolgen, wenn es wieder ein souveräne irakische Regierung gebe. Daher sei die Frage „nicht aktuell“.

Hilfen Frankreichs könnte es nach Villepins Worten im Bereich der Polizeischulung geben. „Wir werden sehen, welche Anfragen die irakische Regierung stellt“, fügte der Außenminister hinzu. Die französische Verteidigungsministerin Michele Alliot-Marie hatte bei einem Besuch in Washington gesagt, Frankreich könne beim Aufbau irakischer Polizei- und Gendarmerie-Einheiten helfen. Auch Alliot-Marie hatte jedoch betont, zunächst müssten die Iraker ihre Souveränität zurückgewinnen. Nach den bisherigen Planungen soll der vorläufige irakische Regierungsrat Mitte des Jahres aufgelöst werden und einer neuen Regierung Platz machen.

Die Pariser Tageszeitung „Le Monde“ berichtete in ihrer Freitagsausgabe, der französische Präsident Jacques Chirac erwäge für die Zeit nach dem Ende der US-Besatzung eine Entsendung französischer Soldaten, die unter UN-Mandat im Irak stationiert wären. Ein Berater Chiracs sagte der Zeitung, wenn der UN-Sicherheitsrat die Nato zur Entsendung einer multinationalen Stabilisierungstruppe ähnlich der in Bosnien auffordere, dann werde Frankreich sich dem nicht widersetzen. Es sei denkbar, dass zwei ausländische Militärkontingente im Irak nebeneinander bestünden: Die von den USA geführten Truppen der Koalition sowie eine neue multinationale Truppe unter UN-Mandat. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hat den Einsatz deutscher Soldaten im Irak ausgeschlossen. Denkbar seien allenfalls humanitäre Hilfeleistungen, sagte Schröder am Freitag in der ARD. „Wenn es Anfragen humanitärer Art gibt, werden wir uns nicht verweigern, aber ansonsten wird es deutsche Soldaten im Irak nicht geben.“ Ein humanitärer Einsatz der Bundeswehr komme zudem erst dann in Frage, wenn es im Irak eine Regierung gebe und „im demokratischen Irak“ etwa Anschläge verübt werden sollten.

Nach dem Protest von mehreren zehntausend Irakern für baldige allgemeine Wahlen hat ein schiitischer Führer den USA mit einem Boykott der geplanten Übergangsregierung gedroht. Großajatollah Ali al Husseini al Sistani werde eine entsprechende Fatwa, eine islamische Rechtsanwendung, aussprechen, sollte Washington den Forderungen nicht nachkommen, erklärte ein Vertreter des Klerikers in Kuwait. Al Sistani könnte den gläubigen Schiiten verbieten, die Übergangsregierung zu unterstützen, die am 1. Juli ihr Amt übernehmen soll, sagte Mohammed Bakr al Menhir am Donnerstag im Fernsehsender Abu Dhabi.

Unterdessen reiste der amerikanische Irak-Verwalter Paul Bremer wegen der neuen Spannungen im Irak zu einem dringenden Gespräch mit Präsident George W. Bush nach Washington. Nach US-Medienberichten sollte es bei den Gesprächen vor allem darum gehen, wie der von den schiitischen Geistlichen abgelehnte Plan für eine Machtübergabe an eine neu ernannte irakische Führung noch gerettet werden kann.

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