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Frankreich: Brennende Autos und Festnahmen

Schwere Ausschreitungen haben die ersten Anzeichen einer Gesprächsbereitschaft in dem wochenlangen Streit um die französische Arbeitsrechtsreform überschattet. Landesweit gab es mehrere Hundert Festnahmen.

Paris - Während die Gewerkschaften das Angebot von Premierminister Dominique de Villepin zu einem Treffen an diesem Freitag annahmen, kam es in Paris unweit des Invalidendoms zu Auseinandersetzungen zwischen Hunderten von großenteils vermummten Randalierern und der Polizei. Krawallmacher hatten zuvor an diesem neuen Protesttag der Schüler und Studenten Autos in Brand gesetzt und die Feuerwehr mit Gewalt am Löschen gehindert.

Insgesamt wurden bei Auseinandersetzungen landesweit mindestens 420 Krawallmacher wegen Gewalt und Vandalismus festgenommen, teilte die Polizei am Abend mit. Allein in Paris nahm die Polizei im Zusammenhang mit der Gewalt auf der Esplanade am Invalidendom 141 Menschen fest, 60 Randalierer und Polizisten wurden verletzt. Friedliche Demonstranten berichteten in Paris, unter den Augen der Polizei hätten Krawallmacher auch auf sie eingeschlagen. Auch in Grenoble gab es sechs Verletzte.

Bedrängt von den neuen Protesten hatte Villepin am Vortag den Tarifparteien erstmals Gespräche über seine Reform angeboten. Auch der Minister für Sozialen Zusammenhalt, Jean-Louis Borloo, stehe bereit, schrieb Villepin an die Sozialpartner. Ein klares Angebot, die Reform zurückzunehmen, machte Villepin allerdings nicht. Die fünf größten Gewerkschaften zeigten sich zwar bereit, Villepin am Freitag zu treffen, wollen allerdings vor einer Rücknahme der umstrittenen Reform nicht mit ihm verhandeln.

Mit dem neuen Demonstrationstag suchten Hunderttausende von Studenten und Schülern die «totale Kraftprobe» mit Villepin. Drei Viertel der Universitäten sowie Hunderte von Schulen wurden weiter blockiert oder bestreikt. Solche Proteste habe es «seit Mai 1968 nicht mehr gegeben», sagte der Präsident der Hochschulkonferenz, Yannick Vallée. Die Universitätspräsidenten wollen aus Sorge um die Sicherheit an den Hochschulen mit Präsident Jacques Chirac sprechen.

Angesichts zunehmender Ausschreitungen hatte die Polizei für die Kundgebung in Paris 3000 Beamte mobilisiert. Die Proteste richten sich gegen eine in der Reform vorgesehene zweijährige Probezeit für junge Arbeitnehmer, denen ohne Begründung gekündigt werden kann.

In Tours unterbrachen 600 Schüler mit Gleisbesetzungen den Zugverkehr. In Marseille kam es am Rande einer Schülerkundgebung zu einer Straßenschlacht zwischen Polizisten und Vermummten, die nicht zur Demonstration gehörten. Mit Tränengas ging die Polizei in Rennes erneut gegen Hunderte von gewalttätigen Krawallmachern vor.

Nach Angaben des Innenministeriums demonstrierten am Donnerstag 220.000 Menschen und damit etwas weniger als vor einer Woche. Die Organisatoren zählten 450.000. Bei dem Protesttag am 16. März hatten eine viertel bis halbe Millionen Schüler und Studenten demonstriert.

Am Dienstagabend noch hatte Villepin jede «Kapitulation vor den Gewerkschaften» abgelehnt. Sein Konfrontationskurs stößt aber auch im Regierungslager auf Kritik, weil negative Folgen für die Wahlen im kommenden Jahr befürchtet werden. «Wenn sich nichts bewegt, wird der Premierminister fliegen», sagte ein Mitglied der Regierung anonym der Zeitung «Le Parisien» (Donnerstagsausgabe). Als mögliche Nachfolgerin wird bereits Verteidigungsministerin Michèle Alliot-Marie gehandelt. (tso/dpa)

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