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Politik: Frankreich: Gemeinsam sind wir nur ökologisch

Ist der Streit beendet oder ist es nur ein brüchiger Burgfrieden? Die französischen Grünen haben sich in die Bergwelt des Juramassivs zurückgezogen, um dort in einer Klausurtagung ihre Marschrichtung für das Wahljahr 2002 festzulegen und Streitereien und Flügelkämpfe zu beenden.

Ist der Streit beendet oder ist es nur ein brüchiger Burgfrieden? Die französischen Grünen haben sich in die Bergwelt des Juramassivs zurückgezogen, um dort in einer Klausurtagung ihre Marschrichtung für das Wahljahr 2002 festzulegen und Streitereien und Flügelkämpfe zu beenden. Vorerst ohne Erfolg. Resigniert berichtete der Pariser Delegierte Yves Contassot: "Die wunderschöne Natur schafft es offenbar nicht, Frieden in die Partei zu bringen." Unfrieden herrscht bei den Grünen in Frankreich seit den Kommunalwahlen im Frühjahr, die ihnen erstmals in etlichen Wahlkreisen nennenswerte Erfolge brachten, aber auch dazu führten, dass viele "kleine Sieger" glauben, sie seien nun ganz Herr im eigenen Haus.

In Paris tragen die Grünen seit 1997 zum ersten Mal Regierungsverantwortung, im Linksbündnis des Sozialisten Lionel Jospin. Bilanz der Zeitung "Le Figaro" zum Auftakt der Klausurtagung: "Die Grünen in Frankreich funktionieren nicht wie eine normale Partei, Ökologie ist der einzige Klebstoff, der die aus allen gesellschaftlichen Ecken des Landes zusammengewürfelten Intellektuellen beieinanderhält." Es gebe keine stabile Struktur in der Partei, klagt ein Mitglied. "Wir sind ständig auf der Suche nach Mehrheiten, um Ideen und Projekte durchzubringen."

Genau dieses Dilemma wollte die Partei mit ihren jüngsten personellen Umstrukturierungen im Zentrum der Partei lösen: Umweltministerin Dominique Voynet verzichtete zugunsten des radikaleren Umweltpolitikers Yves Cochet auf ihr Amt und wurde Parteivorsitzende, als Spitzenkandidat für die Präsidentschaftswahlen im Mai 2002 wurde der Ökonom und Ökologe Alain Lipietz auserwählt. Der steht im Mittelpunkt des Krachs, nachdem er im Juli eine umfassende Amnestie für die in französischen Gefängnissen einsitzenden korsischen Terroristen forderte. Der Politiker brachte mit seiner gewagten Idee vor allem die sozialistischen Koalitionspartner in Rage, aber auch in den eigenen Reihen brach ein Sturm los. Die Ankündigung des "unberechenbaren" Kandidaten, den Wahlkampf im Alleingang, "mit meiner Frau und einigen Freunden", bei einem Fußmarsch durch den Mont Blanc-Tunnel zu eröffnen, goß zusätzliches Öl ins Feuer. Viele Parteimitglieder, darunter die Cohn-Bendit-Brüder, forderten deshalb zum Auftakt des Parteitreffens, den Spitzenkandidaten wieder abzusetzen - zum Gespött der Presse.

Sabine Heimgärtner

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