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Frankreich: Villepin im Konsultationsmarathon

Nach den Massendemonstrationen vom Wochenende haben die Gegner der Arbeitsrechtsreform in Frankreich heute versucht, den Druck auf die französische Regierung zu erhöhen. Premierminister de Villepin beharrt auf der Reform.

Paris - Die Gewerkschaften lehnten Gespräche ab, solange die Reform nicht vom Tisch sei. Sie wollten in einer Abendsitzung ihr weiteres Vorgehen besprechen. «Wir sehen uns schon im Rahmen eines übergreifenden Generalstreiks», erklärte die Gewerkschaft CGT im Ölkonzern Total. «Regierung, Unternehmer und Konzerne haben nur ein Ziel: das Arbeitsrecht zu säubern und unbefristete Arbeitsverträge abzuschaffen, um noch mehr Gewinne zu machen.» Selbst der christliche Gewerkschaftsbund CFTC erklärte, wenn die Regierung die Lage nicht begreife, werde es zum Streik kommen.

Präsident Jacques Chirac rief die Tarifparteien zum «konstruktiven und vertrauensvollen» Dialog über die Reform auf, die die Probezeit für Jungarbeitnehmer auf zwei Jahre ausdehnt. Premierminister Dominique de Villepin traf sich mit Unternehmern und Studenten zum Dialog, beharrte aber auf der Reform. An 60 Universitäten und 450 Schulen gab es Protestaktionen der Schüler und Studenten. Gleichzeitig bereiteten die Gewerkschaften in vielen Betrieben Streiks vor.

Villepin sprach am Morgen mit namhaften Unternehmern über die Reform. Die Konzernchefs wiesen ihm dabei einen Weg für einen möglichen Kompromiss: die Halbierung der Probezeit auf ein Jahr und die Verpflichtung der Arbeitgeber, jede Entlassung zu begründen. Anschließend empfing Villepin 16 junge Leute, die von Bürgermeistern ausgewählt worden waren. Dann ging er zu Bildungsminister Gilles de Robien, der die Studentenverbände zum Gespräch gebeten hatte. Der führende Studentenverband UNEF lehnt eine Teilnahme aber ab, solange das Gesetz nicht vom Tisch sei. Der Schülerverband FIDL erklärte: «Die Regierung hat keine Wahl: Sie muss nachgeben.»

In einem Brief an die Abgeordneten der Regierungspartei UMP beharrte Villepin aber auf der Reform. «Das republikanische Gesetz, das demokratisch vom Parlament beschlossen wurde, muss respektiert werden», schrieb Villepin. Der Regierungschef hatte die Reform mit Hilfe des Verfassungsartikels 49.3 durchgesetzt, nach dem ein Gesetz auch ohne Abstimmung beschlossen ist, wenn das Parlament nicht deswegen die Regierung stürzt. Auf Konsultationen mit den Gewerkschaften hatte er verzichtet, obwohl ein Gesetz von 2004 ihn bei jeder Reform des Arbeitsrechts dazu verpflichtet.

Der Regierungschef bedauerte, dass seine «Methode» Unverständnis hervorgerufen habe. «Man muss dem Vertrag eine Chance geben, einem vervollständigten und verbesserten Vertrag, um jedem seine Ängste zu nehmen», erklärte Villepin dem Monatsmagazin «Citato». Einzelheiten nannte er nicht. Innenminister Nicolas Sarkozy erklärte vieldeutig, die Entscheidung zur Rücknahme des Gesetzes obliege dem Premierminister. Er habe Villepin seine Meinung dazu gesagt. Der Präsident der Nationalversammlung, Jean-Louis Debré, verurteilte die Streikdrohung der Gewerkschaften gegen das Gesetz als «Schädigung der Demokratie». (tso/dpa)

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