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Politik: Frankreichs Atommeiler sind nicht sicher genug

Stresstest sieht Mängel bei Notstromversorgung und bei der Kühlung der Anlagen

Frankreich muss alle seine 58 Atomkraftwerke aus Sicherheitsgründen nachrüsten. Das ist das Ergebnis des Stresstests, den das französische Institut für Strahlenschutz und nukleare Sicherheit (IRSN) nach der Atomkatastrophe in Fukushima übernommen hat. Die am Donnerstag veröffentlichte Untersuchung hat an sämtlichen Meilern Mängel offengelegt. Aber kein Reaktor muss stillgelegt werden. Wie kein anderes Land in Europa setzt Frankreich auf Atomkraft und bezieht 75 Prozent seines Stroms aus Kernkraftwerken.

Um im Falle von Erdbeben oder Überschwemmungen eine Katastrophe zu verhindern, müsse der Schutz der wichtigsten Funktionen französischer Meiler erhöht werden, sagte IRSN-Chef Jacques Repussard. Die Behörde hat ihren 500-seitigen Bericht der Atomaufsicht ASN übergeben. Auf der Basis der Ergebnisse will diese bis Anfang 2012 Empfehlungen für die Regierung ausarbeiten.

Repussard plädierte für eine zusätzliche Sicherheitsstufe. Alle Reaktoren müssten mehr aushalten können, als man bei ihrem Bau angenommen habe. Das IRSN fordert einen Diesel-Generator für die Notstromversorgung, der auch einer Überschwemmung standhält. Zudem seien wichtige Rohre nicht erdbebensicher. Bemängelt werden auch zu geringe Wasservorräte, um im Notfall die Kühlung zu gewährleisten. Schon im Normalbetrieb fehlt vielen französischen Atomkraftwerken Kühlwasser. Nach Angaben des Geologischen Forschungsbüros in Frankreich liegen die Grundwasserspiegel im ganzen Land derzeit unter dem Durchschnitt. Ein besonderes Problem stellen nach dem Expertenbericht die ältesten Atomkraftwerke Frankreichs dar. An diesen Standorten wurden jeweils zwei Reaktoren errichtet. Beim Ausfall eines Meilers sollte die Infrastruktur des zweiten genutzt werden. Doch es wurde nie erwartet, dass beide gleichzeitig ausfallen könnten.

Das IRSN hat nicht ausgerechnet, wie viel die Aufrüstungen den Betreiber EDF kosten könnten und wie lange die Bauarbeiten dauern könnten. Repussard hofft, dass es nicht länger als „einige Jahre“ dauern werde. EDF-Aktien verloren mehr als drei Prozentpunkte an den Börsen.

Seit Tagen beschäftigt das Thema Atomkraft Frankreich. Seit Fukushima und dem von Deutschland beschlossenen Atomausstieg mehren sich auch in Frankreich Zweifel in der Bevölkerung. Die konservative Regierung hält an der Atomenergie fest. Doch die französischen Sozialisten (PS) diskutieren mit Blick auf die Präsidentschaftswahlen über ein Abkommen mit den Grünen. François Hollande, der für die PS antreten wird, will den Anteil des Atomstroms von 75 auf 50 Prozent reduzieren; die Grünen würden gerne ganz darauf verzichten. Vor zwei Tagen sah es aus, als hätten sich Sozialisten und Grüne geeinigt: Von 58 Atomkraftwerken sollen bis 2025 insgesamt 24 stillgelegt werden, Fessenheim an der Grenze zu Deutschland sollte sofort vom Netz genommen werden. Ein Punkt der Einigung wurde offenbar nachträglich gestrichen, weil der Atomkonzern Areva und der Betreiber EDF Einspruch erhoben. Ursprünglich sah das Abkommen vor, dass die Wiederaufbereitung von Mischoxid-Brennelementen (MOX) eingestellt werden soll. Für Areva ist das ein zentrales Geschäftsfeld. Die Grünen sind empört und kritisieren die Macht der Atomlobby. mit deh

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