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Alle freiwilligen Selbstverpflichtungen der Wirtschaft haben nichts genutzt. Die Männer regieren weiter. Nun kommt die gesetzliche Frauenquote.

© dpa

Frauenquote: Durchbrechen wir die gläserne Decke!

Immer noch scheitern Frauen an männlich dominierten Machtstrukturen. Es wurde deshalb höchste Zeit für die Quote. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Hans Monath

Auch dieses Jahr hatten die Frauen wieder die Nase vorn. Als das Statistische Bundesamt vor wenigen Wochen die Zahl der Studienabschlüsse in Deutschland vorstellte, rechnete es penibel vor, dass mehr Studentinnen als Studenten erfolgreich waren. In der ganzen EU ist dieser Trend zu beobachten. Wer so wissbegierig und fleißig ist, will gestalten und entscheiden – auch ganz oben in den Chefetagen der Wirtschaft. Doch dort kommen von den vielen klugen Studentinnen mit Diplom oder Magister am Ende nur ganz wenige an. Der Anteil der Frauen in den Vorständen der 30 Dax-Unternehmen beträgt gerade einmal sieben Prozent. In den Aufsichtsräten der 200 umsatzstärksten Firmen war ihr Anteil zwar höher, lag aber auch nur bei rund 15 Prozent. Wenn die Frauen zunehmend besser ausgebildet sind als die Männer, die jedoch trotzdem die meisten Spitzenjobs unter sich ausmachen, hat das einen Grund. Dass viele Frauen Kinder bekommen und sich deshalb keine Spitzenkarriere antun wollen, reicht als Erklärung nicht aus. Denn auch in der Berufsphase vor der Familiengründung machen Männer heute schneller Karriere als ihre weiblichen Konkurrentinnen. Tatsächlich scheitern Frauen häufig an männlich dominierten Machtstrukturen – und deshalb war es höchste Zeit, dass die große Koalition endlich ein Projekt beschlossen hat, für das es quer durch alle Fraktionen im Bundestag schon lange eine Mehrheit gab. Nach 30 Jahren Debatte über Frauenförderung ist staatlicher Druck durch die Quote unerlässlich, um die gläserne Decke zu zerstören. Denn alle Versprechungen und Selbstverpflichtungen der Wirtschaft in den vergangenen Jahren haben nicht geholfen.

In Deutschland liegt der Frauenanteil in den Top-Jobs der Wirtschaft unter dem vieler anderer Industriestaaten. Norwegen, Frankreich, Belgien, Italien und die Niederlande haben die Frauenquote eingeführt. Beim Vorreiter Norwegen, der 2004 eine 40-Prozent-Quote beschloss, stieg der Frauenanteil in der Führung großer Firmen in weniger als zehn Jahren von sechs auf 42 Prozent.
Es ist gut erforscht, dass Spitzenkräfte, auch solche der Wirtschaft, dazu neigen, Top-Jobs mit Ihresgleichen zu besetzen – mittelalte Männer mit einer typischen Ausbildung, einem typischen Karriereweg und einem typischen Geschmack fördern Bewerber, die ihnen ähnlich sind. Das geht von 2016 an nicht mehr: Für Aufsichtsräte gilt die Quote von 30 Prozent, in den Vorständen sollen Selbstverpflichtungen der Firmen und der öffentliche Druck für Bewegung sorgen.
Wenn es gut läuft, wird die Kombination beider Instrumente einen Kulturwandel einleiten. Sozialwissenschaftler halten eine kritische Masse von rund einem Drittel einer Gruppe für entscheidend: Erst dann schafft es eine Minderheit, Einfluss zu gewinnen und Denken und Verhalten zu verändern. Mehr Frauen in Spitzenjobs heißt auch mehr Vorbilder, die jüngeren Kolleginnen Mut machen – auch solchen in den Familienunternehmen, in denen die Quote nicht greift.
Es zeugt von altem Denken, dass sich die Wirtschaft bis zuletzt gegen dieses Instrument gewehrt hat. Die politische Regulierung ist zwar ein Angriff auf ihre Autonomie. Doch zeigen Untersuchungen auch von renommierten Wirtschaftsberatern, dass heterogene Führungsgremien effizienter und kreativer arbeiten – also langfristig erfolgreicher sind.
Deshalb hat Unionsfraktionschef Volker Kauder seiner Partei mit seiner Attacke auf die „Weinerlichkeit“ der Familienministerin, die im Ringen um die Quote hartnäckig blieb, einen Bärendienst erwiesen. Die CDU hat in der vergangenen Legislaturperiode viele ihrer Abgeordneten nur dadurch von einer Zustimmung zu einem Quotengesetz abhalten können, dass sie ihnen versprach, später selbst zu diesem Instrument zu greifen.
Nun kommt die Frauenquote, doch jeder wird sich daran erinnern, dass die Union bis zuletzt gebremst und genölt hat – mit einer typisch machohaften Attacke auf eine Spitzenfrau. Auf der Höhe der Zeit war sie damit nicht.

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