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Politik: Frauenquote soll 2016 kommen

Künftig sollen mindestens 30 Prozent weibliche Beschäftigte in den Aufsichtsräten von Firmen sitzen.

Von Hans Monath

Berlin - Acht Sitzungstage brauchten Union und SPD in der Arbeitsgruppe Familie, Frauen und Gleichstellungspolitik. Dann war eine Lösung gefunden, die die Karrierechancen von Frauen und Männern in der Wirtschaft sowie darüber hinaus das Machtverhältnis zwischen den Geschlechtern in der deutschen Gesellschaft nachhaltig verändern dürfte. Der am Montag verkündete Kompromiss zu Frauenquote und Flexiquote, der noch von der großen Verhandlungsgruppe bestätigt werden muss, wurde möglich, weil beide Seiten wichtige Ziele durchsetzen konnten: Der Union gelang es, die SPD von einer festen Quote auch für Vorstände von Firmen abzubringen, für die nur eine selbst festzulegende Flexiquote gelten soll. Für die Sozialdemokraten war es umgekehrt entscheidend, dass die neue Regelung mit harten Sanktionen bewehrt ist und der Einstieg in die Frauenförderung per Gesetz schon 2016, also in der laufenden Legislaturperiode, gelingt.

Falls börsenorientierte Unternehmen die Frauenquote von mindestens 30 Prozent nicht erfüllen, darf das Aufsichtsratsmandat nicht besetzt werden. Es sei für ihre Partei wichtig, „dass es nicht nur zu einem müden Lächeln oder Strafzahlungen führt“, sagte SPD-Verhandlungsführerin Manuela Schwesig und verwies darauf, dass sich Firmen in anderen Bereichen durch Geldleistungen leicht von gesetzlichen Vorgaben befreien könnten. Ihre Kollegin von der Union, Annette Widmann-Mauz (CDU), betonte, eine starre Quote für Vorstände sei „weder sinnvoll noch verfassungsrechtlich möglich“. Die CDU-Politikerin wies darauf hin, dass die gesetzliche Flexiquote auch für die Führungsebenen unterhalb des Vorstands gelten soll. „Unser Ziel ist es, die Aufstiegschancen von allen Frauen im Beruf zu verbessern“, sagte sie.

Trotz der deutlichen Kritik und der Warnungen des CDU-Wirtschaftsflügels vor schädlichen Folgen für deutsche Unternehmen rechnen die Verhandlungsführerinnen von Union und SPD damit, dass die große Runde der Verhandler ihr Ergebnis billigt. Im Gegensatz zu vielen anderen Beschlüssen aus dem Bereich der Familienpolitik dürfte die Regelung den Staatsetat kaum belasten. Wirtschaftsverbände und Vorstandsmitglieder von Konzernen hatten mehrfach vor einer Überregulierung deutscher Unternehmen und vor neuen Belastungen für die Firmen durch die Berichtspflicht gewarnt.

Die Frage, auf welche Weise die Unternehmen über den Anteil von Frauen berichten müssen, ließen die Verhandler ebenso offen wie die, welches Ressort im Bundeskabinett für die Kontrolle und auch für das Verhängen von Sanktionen zuständig sein soll. Die Entscheidung könnte zu Konflikten führen, da sowohl das Wirtschafts- als auch das Familienministerium mit jeweils guten Gründen die Zuständigkeit beanspruchen dürften.

Mit dem Beschluss folgt Deutschland dem Beispiel anderer großer europäischer Staaten. Im Vorreiter-Land Norwegen müssen die Vorstände staatlicher und großer börsenorientierter Konzerne zu rund 40 Prozent mit Frauen besetzt sein. In fünf EU-Staaten sind nach Angaben der EU-Kommission Frauenquoten für Aufsichtsräte und teilweise auch für Vorstände privater Unternehmen in Kraft. So sollen in Frankreich bis 2017 mindestens 40 Prozent der Vorstandsmitglieder weiblich sein. In Spanien müssen Firmen mit mehr als 250 Beschäftigten den Frauenanteil in der Chefetage ebenfalls auf 40 steigern. Auch Italien, Belgien und die Niederlande haben in den vergangenen Jahren starre Frauenquoten in Kraft gesetzt. Hans Monath

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