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Politik: Freie Preise und freie Bauern

Äthiopiens Agrarpolitik gilt als Vorbild – ist aber die Ausnahme

Von Wolfgang Drechsler,

Johannesburg

In den dunklen Tagen der marxistischen Diktatur in Äthiopien, die 1991 zu Ende ging, litt Mergia Hirko unter dem für einen Farmer wohl schlimmsten Schicksal: Jahr für Jahr konnte er weder seine Frau noch die sieben Kinder ernähren. Heute hat seine Familie genug zu essen.

Der 71-jährige Mergia und seine Familie sind der Not entronnen, weil das Land am Horn von Afrika seine Agrarpolitik veränderte. Es steckt heute mehr Geld in die Landwirtschaft, und es erlaubt seinen Farmern, ihr Getreide auf dem offenen Markt zu verkaufen, statt es wie früher zu festgelegten Preisen bei der staatlichen Behörde abzuliefern. Die von der Regierung initiierten Reformen haben seit 1990 in Äthiopien zu einem Anstieg der Getreideproduktion von 100 Prozent geführt. Die gestiegene Eigenverantwortung trägt Früchte und dies wurde auch auf dem UN-Gipfel positiv vermerkt. In Johannesburg, wo am Dienstag das Thema Landwirtschaft auf der Tagesordnung stand, wurde über einen besseren Zugang für Produkte aus den Entwicklungsländern zu den Märkten der Industrieländer gestritten – und auch über die hohen Subventionen, die der Westen seinen Farmern zahlt.

Das Beispiel Äthiopien hat gezeigt, wie viele afrikanische Regierungen durch die kontinuierliche Vernachlässigung der Landwirtschaft selbst maßgeblich zum Hunger auf dem Kontinent beitragen. Doch die positive Entwicklung in Staaten wie Äthiopien, Ghana oder Uganda ist die Ausnahme. Obwohl sich die Staaten der Welt in ihren UN-Millenniumszielen darauf verständigt hatten, die Zahl der unterernährten Menschen von 800 auf 400 Millionen zu verringern, sind die Fortschritte begrenzt. Geschätzt wird, dass die Zahl der Hungernden bis 2015 nur auf 600 Millionen fallen wird.

Eines der größten Probleme dabei ist das hohe Bevölkerungswachstum. Bis 2050 dürfte die Zahl der Menschen von derzeit sechs auf neun Milliarden steigen. Die landwirtschaftlich nutzbare Fläche wird nicht annähernd so schnell mitwachsen. Gegenwärtig werden rund 11 Prozent der Erde landwirtschaftlich genutzt. Zwar gibt es in Lateirika und Schwarzafrika Möglichkeiten, die Produktion noch auszudehnen, in Südasien und Nordafrika wird dagegen schon heute am Limit produziert.

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