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Politik: Fremde Stadt, vertrautes Terrain Wirtschaftsfragen hatten für Stoiber immer Vorrang

Mit siebzehn Jahren, also 1958, ist Edmund Stoiber in die Junge Union eingetreten. Für Bayern war das, politisch gesehen, ein durchaus symbolträchtiges Jahr, schließlich löste damals die CSU die bis dahin amtierende sozialdemokratische Regierung unter Wilhelm Hoegner ab; ans Ruder kam Hanns Seidel.

Mit siebzehn Jahren, also 1958, ist Edmund Stoiber in die Junge Union eingetreten. Für Bayern war das, politisch gesehen, ein durchaus symbolträchtiges Jahr, schließlich löste damals die CSU die bis dahin amtierende sozialdemokratische Regierung unter Wilhelm Hoegner ab; ans Ruder kam Hanns Seidel.

Nun rundet sich, historisch gesehen, wieder etwas, wenn man so will, denn am Nachmittag tritt Edmund Stoiber in der nach dem ersten CSU-Ministerpräsidenten benannten Hanns-Seidel-Stiftung vor die Öffentlichkeit, um über die Ergebnisse der Berliner Beratungen zu informieren. Es dürfte einer der letzten Auftritte des amtierenden bayerischen Ministerpräsidenten in seiner jetzigen Funktion sein, denn dass Edmund Stoiber als „Wirtschaftsminister plus“ nach Berlin geht, also ein um Europafragen ergänztes Ministerium bekommt, ist eine der wenigen Personalentscheidungen, die am Montag wirklich festzustehen scheint.

Was das Ressort Wirtschaft angeht, so bewegt sich Edmund Stoiber in der demnächst möglichen „Koalition der neuen Möglichkeiten“ auf vertrautem Gebiet. Wirtschaftliche Fragen haben in Bayern immer Priorität in der Staatskanzlei gehabt, sie waren Chefsache. Allenthalben herrscht denn auch Erleichterung in der CSU, dass der bayerische Ministerpräsident sich nicht hat auf die Finanzen festnageln lassen – ein Ressort, in dem man, von München aus gesehen, in den nächsten Jahren erst mal nur politische Reputation einbüßen kann. Daran hat die CSU, deren Parteivorsitzender Edmund Stoiber ja unbedingt bleiben will und wird, keinerlei Interesse.

Das Wirtschaftsressort bietet hingegen die Möglichkeit, auch für positive Nachrichten zu sorgen. Und es wird Stoiber zugute kommen, dass er vor allem in den letzten Jahren seiner Amtszeit in München sehr viele ausländische Investoren in den Freistaat gelockt hat. Solche Kontakte können sich in der nächsten Zeit auch für den Bund bezahlt machen. Umgedreht wird es möglich sein, von Berlin aus auch das eine oder andere konkret für Bayern zu tun, wenn Aufträge vergeben werden.

Was die Europafragen anbelangt, für die Edmund Stoiber demnächst auch noch zuständig sein wird, bleibt – namentlich in der Türkeifrage – abzuwarten, wie sich der künftige Bundesminister verhält. Als er 1993 in Bayern Ministerpräsident geworden war, kritisierte er bei seinem Antrittsbesuch in Brüssel die EU als „Kartell der Illusionisten“ – was ihm seinerzeit eine Zurechtweisung von Helmut Kohl einbrachte. Sechs Jahre später stellte sich Stoiber entschieden an die Seite Österreichs und opponierte offen gegen den seinerzeit via Wien ausgesprochenen Sanktionsbeschluss der EU. Doch hat die Euroskepsis in der Partei insgesamt abgenommen. Der pompöse Ausbau der bayerischen Vertretung in Brüssel mag unter anderem als Beleg dafür dienen, dass man sich auch in München auf die Realitäten in einem gemeinsamen europäischen Haus einstellt.

Was Stoibers Nachfolge in Bayern betrifft, die ja nun spruchreif ist, so gehen am Montag die Meinungen innerhalb des CSU-Präsidiums noch ein wenig auseinander. Manfred Weber, Vorsitzender der Jungen Union, sagte am Rande der Sitzung, dass die CSU darum kämpfen werde, Günther Beckstein als Innenminister durchzuboxen. Wolfgang Clement benannte Beckstein in Berlin allerdings gesprächsweise bereits als Nachfolger von Otto Schily. Sollte das so kommen, würde sich die Nachfolgediskussion vor Ort entschieden vereinfachen, denn dann ginge am bisherigen Leiter der Staatskanzlei, Erwin Huber, kein Weg vorbei – obwohl Huber weder von der Bevölkerung noch, was wichtiger ist, von der Fraktion mehrheitlich gewünscht wird.

Joachim Herrmann, Fraktionschef der CSU im bayerischen Landtag, verbreitete allerdings noch eine ganz andere Sicht der Dinge. Unbedingt, so forderte er, müsse ein Mann aus der CSU-Landesgruppe in Berlin als Minister zum Zuge kommen. Das könnte nur Landesgruppenchef Michael Glos sein, wenn Ulla Schmidt weiter Gesundheitsministerin bleibt. Horst Seehofer ginge dann leer aus. Allerdings wird der Sozialexperte von der CSU inzwischen auch als Mann fürs Landwirtschaftsministerium gehandelt. Glos mochte das in München nicht kommentieren. Personalfragen kämen immer zuletzt, sagt er.

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