Politik: Gabriel fordert EU-Referendum in Deutschland

Berlin Die Entscheidung von Präsident Chirac, in Frankreich 2005 das Volk über die EU-Verfassung abstimmen zu lassen, hat in Deutschland die Debatte über einen Volksentscheid belebt. Der niedersächsische SPD-Fraktionschef Sigmar Gabriel forderte seine Partei auf, ihre ablehnende Haltung zu überdenken. „Mit einem Referendum könnte es gelingen, Europa zu einem Volksthema zu machen“, sagte er dem Tagesspiegel: „Wir müssen Europa auch in der Nordkurve mehrheitsfähig machen.“ Die Regierungen würden sich stärker bemühen, soziale Aspekte in der Verfassung zu verankern, sofern sie auf die Zustimmung der Menschen angewiesen seien. „Das wäre eine Chance, die sozialen Gestaltungsmöglichkeiten Europas gegenüber einer rein ökonomistischen Sichtweise zu stärken“, so Gabriel.

FDP-Parteichef Guido Westerwelle sagte dem Tagesspiegel, seine Partei werde „ummittelbar nach der Sommerpause eine namentliche Abstimmung zur europäischen Verfassung erzwingen. Die Deutschen sind demokratisch genauso reif wie die Briten, die Franzosen und die anderen Nachbarländer“, so Westerwelle weiter. „Wir werden dabei SPD-Kollegen wie Sigmar Gabriel oder auch den Grünen Gelegenheit geben, Farbe zu bekennen. Ich fordere die anderen Parteien auf: Legt eure Angst vor dem Volk ab!“ Die Vizefraktionsvorsitzende der Liberalen im EU-Parlament, Silvana Koch-Mehrin, sagte dem Tagesspiegel, es sei in einer „so grundlegenden Frage unbedingt notwendig, dass die Menschen darüber selbst entscheiden“.

Grünen-Fraktionschefin Krista Sager sagte, ihre Partei plädiere seit Jahren für die Aufnahme von Volksentscheiden ins Grundgesetz. Damit sollten auch andere Fragen entschieden werden. „Es macht keinen Sinn, dem Volk ein Plebiszit nur bei der EU-Verfassung zu ermöglichen, bei allen anderen Fragen aber nicht“, sagte sie dem Tagesspiegel. Kanzler Gerhard Schröder schloss indes während eines Besuchs bei Premier Tony Blair ein Referendum über die EU-Verfassung in Deutschland rigoros aus. sc/hmt

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