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Politik: Ganz einfach – auf 31 Seiten

Merz legt sein Konzept für eine radikale Steuerreform vor und kommt den Sozialpolitikern der Union entgegen

Von Robert Birnbaum

Friedrich Merz und seine Helfer haben noch mal hart gearbeitet in diesen Tagen und viel gerechnet. Das Ergebnis steht im Kleingedruckten der 31 Seiten starken Leitsätze für eine radikale Steuerreform, die Merz am Montag der CDU-Spitze präsentieren wird. Denn der Fraktionsvize hat sein ursprüngliches Konzept um ein paar Details verändert, die der CDU einen massiven Streit ersparen könnten. Die vom Sozialflügel der Union heftig beklagte Finanzierungslücke im Sozialreform-Vorschlag der Herzog-Kommission ist durch das Steuerkonzept nicht geschlossen. Aber sie ist jetzt ein Stück kleiner.

Die Grundzüge seiner Reform hatte Merz schon vor Wochen etwa im Tagesspiegel-Interview durchblicken lassen, bei ihnen ist es geblieben. Der Obergrundsatz lautet „Vereinfachung“. Bei „185 Steuerformularen im engeren Sinne“ und einem Wust von Ausnahme- und Gestaltungsmöglichkeiten blicke nicht nur niemand mehr durch, das System sei auch nicht mehr gerecht. Die Reform des Bestehenden sei aussichtslos, befindet Merz, es helfe nur der Radikalumbau.

Nur noch drei Steuersätze soll es dann geben: 12, 24, 36 Prozent. Drastisch erhöht wird der Grundfreibetrag auf 8000 Euro, auch für jedes Kind vom ersten Lebenstag; die mittlere Stufe setzt das Konzept bei Einkommen ab 16 000, den Höchststeuersatz auf Einnahmen über 40 000 Euro an. Alle zwei Jahre sollen diese Grenzen inflationsbereinigt werden. An den neuen Höchstsatz angepasst werden soll der Körperschaftsteuer-Satz mit ebenfalls 36 Prozent. Diese neuen Grenzen sorgen zunächst beim Privatmann für sehr viel niedrigere Steuern – auf der Gegenseite sollen fast alle bisherigen Ausnahmen fallen, von der steuerfreien Abgeordneten-Diät bis zum steuerfreien Nacht- und Feiertagszuschlag. Eine gewisse Ausnahme findet sich im Leitsatz zur Familie: Der Privathaushalt soll künftig grundsätzlich als Arbeitgeber gelten können, notwendige Aufwendungen für Betreuung und Erziehung wären dann steuerlich abzugsfähig.

Bei Kapitaleinkünften ist Merz trotz mancher Sympathien von einer Abgeltungssteuer abgerückt. Er plädiert jetzt für eine Quellensteuer von 24 Prozent, die der Steuerpflichtige später in seiner Steuererklärung verrechnen soll. Hinzu kommen Vorschläge zur Verbreiterung der Bemessungsgrundlage: So sollen Veräußerungsgewinne grundsätzlich als Einkommen besteuert werden – Ausnahme bleiben Erlöse aus Privatvermögen bis hin zum Eigenheim.

Was Bürger und Wirtschaft am meisten interessiert, steht am Schluss: Einerseits verliert der Staat durch den neuen Tarif Einnahmen von rund 45 Milliarden Euro – aber er spart sich zugleich Steuervergünstigungen von 35 bis 40 Milliarden. Netto also blieben bei Merz’ Reform fünf bis zehn Milliarden Euro mehr in den Taschen der Steuerzahler.

Merz weist in seinen Erläuterungen selber darauf hin, dass dies ein Vergleich auf Basis heutiger Zahlen ist. Die große Steuerreform könne aber nur die letzte Reform sein – zunächst müssten der Arbeitsmarkt, dann die Sozialsysteme reformiert werden. Da ist die Verknüpfung zu Herzogs Vorschlag und damit zum Streit um den Sozialausgleich per Steuergeld im Prämien-Modell für die Krankenkassen. Seine Tarife hat Merz mit Blick darauf etwas angepasst. Und in einem Nebensatz stecken gleich 17 Milliarden Euro für den Sozialausgleich verborgen: Würden „im Zuge einer Sozialreform“ die Arbeitgeberbeiträge künftig dem Arbeitnehmer ausgezahlt, sollen die steuerpflichtig werden.

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