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Bundespräsident Joachim Gauck

© dpa/Wolfgang Kumm

Bundespräsident: Gauck gegen Volksentscheide und für Pause der europäischen Integration

Komplexe Fragen lassen sich laut Gauck nicht in die Entscheidung Ja oder Nein pressen. Dagegen fordert Justizminister Maas mehr direkte Demokratie.

Der scheidende Bundespräsident Joachim Gauck hat sich gegen eine Einführung von Volksentscheiden auf Bundesebene ausgesprochen. „Was direkte Beteiligung über Volksentscheide zumindest auf Bundesebene angeht, bin ich mittlerweile sehr skeptisch“, sagte Gauck im Interview mit der „Welt am Sonntag“.

„In der repräsentativen Demokratie setzen wir auf die Arbeit von Abgeordneten, die sich oft über Jahre, systematisch mit etlichen Themen beschäftigen.“ Der Zufall und Stimmungen spielten hier eine eher geringe Rolle.

„Außerdem finde ich es problematisch, komplexe Fragen in die Entscheidung Ja oder Nein zu pressen“, kritisierte Gauck. „Übrigens kann direkte Demokratie auch deswegen problematisch sein, weil eine Minderheit so gut organisiert ist, dass sie einen viel größeren Einfluss erlangt, als sie über parlamentarische Wahlen je erreichen würde.“

Die Einführung von Volksentscheiden auf Bundesebene zählt zu den zentralen Forderungen der rechtspopulistischen Alternative für Deutschland (AfD).

Maas will Volksentscheide auch auf Bundesebene

Dagegen spricht sich Justizminister Heiko Maas erneut für eine Ausweitung direkter Demokratie in Deutschland aus. "Ich bin der Auffassung, dass Volksentscheide auch bei bundespolitischen Fragen möglich sein sollten", sagte der SPD-Minister den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Das Land brauche wieder mehr Debatten in der ganzen Gesellschaft statt einsamer Entscheidungen von oben. "Wir sollten auch vor heiklen Fragen keine Angst haben und die Debatten nicht den Populisten überlassen", argumentierte Maas. Schon mehrfach hatte Maas mehr gesellschaftliche Debatten gefordert.

Gauck will Pause für europäische Integration einlegen

Außerdem spricht Gauck sich dafür aus, auf bei der europäischen Integration eine Pause einzulegen. „Wir haben mit der Europäischen Union ein großartiges Konzept entwickelt. Ein Friedensprojekt, von dem Generationen vor uns nicht mal zu träumen wagten“, sagte er.

„Aber auf dem Weg zu einer immer engeren Vereinigung waren wir manchmal so schnell, dass nicht alle Bürger mitkommen konnten oder wollten. Das bereitet mir Sorge.“ Es sei hilfreich, wenn das Subsidiaritätsprinzip der Europäischen Union (EU) künftig noch stärker berücksichtigt werden könnte, damit auf nationaler Ebene geregelt werde, was dort geregelt werden könne.

„Insgesamt sollten wir über eine Pause nachdenken, in der wir diskutieren, welches Ziel wir in welchem Tempo erreichen wollen.“ (Tsp)

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