zum Hauptinhalt
Achim Heier von attac steht auf dem Gelände der Kulturfabrik Kampnagel, wo der Gegengipfel stattfindet.

© dpa

G20-Treffen in Hamburg: Gegengipfel mit Ideen zur Rettung der Welt

Hörsaal statt Hubschrauber, Workshops statt Wasserwerfer: Bei einem Gegengipfel in Hamburg diskutieren Globalisierungsgegner seit Mittwoch Alternativen zur Politik der G20. Für rund 80 Veranstaltungen sind mehr als 1.500 Interessierte angemeldet.

In der Eingangshalle der Kulturfabrik Kampnagel im Hamburger Stadtteil Barmbek reiht sich Infostand an Infostand. Das Netzwerk Attac und „Brot für die Welt“ sind hier ebenso vertreten wie der Hamburger Flüchtlingsrat und das „Konzeptwerk Neue Ökonomie“. Auf Stehtischen liegen Flyer aus, die für neue politische Konzepte werben.

„Transformieren wir die Welt zusammen“, fordert da eine Organisation namens „Commons“. Die in Berlin ansässige „Monetative“ setzt sich für eine neue Geldordnung ein. Und die „Kommunistische Manifest-Gruppe“ erklärt: „Die Menschheit braucht Revolution und den neuen Kommunismus!“

Ein Protestbündnis hat sich in Hamburg vor dem G20-Gipfel zu einem Gegengipfel zusammengefunden.

Drinnen im großen Saal geißelt die indische Bürgerrechtlerin und Umweltaktivistin Vandana Shiva die G20-Staaten und ihre Führer. Die seien weder willens noch fähig, die drängenden globalen Probleme zu lösen. Die G20 seien nur „die Sherpas der wirtschaftlich Mächtigen“, sagt Shiva. Sie seien auch nicht die Vereinten Nationen, und ein großes Problem sei, dass die Menschen von den G20-Gipfeln ausgeschlossen blieben und nicht gehört würden.

Vandana Shiva ist unter anderem Gründerin der Organisation Navdanya, die sich für den Schutz biologischer und kultureller Vielfalt von Saatgut und traditionellen Nutzpflanzen einsetzt. Für ihr Engagement auch zu feministischen Themen wurde Shiva vielfach ausgezeichnet. 1993 erhielt sie den Alternativen Nobelpreis.

Die G20 repräsentierten ein System, das von Umweltzerstörung, wirtschaftlicher Ungleichheit und dem Streben nach immer mehr Reichtum gekennzeichnet sei, ruft Shiva unter großem Beifall. Die Vermögen konzentrierten sich bei einer kleinen Elite, acht Multimilliardäre besäßen fast so viel wie die übrige Menschheit zusammen.

"Ihnen wird eingeredet, ein Smartphone haben zu müssen"

Gewalt und Umweltzerstörung nähmen zu. Neue Technologien wie die Digitalisierung entstünden nicht aus wirklichen Bedürfnissen, sondern würden aus Gewinnstreben verordnet. „In Indien gibt es viele Menschen ohne ein Dach über dem Kopf“, sagt die Aktivistin. „Aber ihnen wird eingeredet, dass sie alle ein Smartphone haben müssten.“

Der Brasilianer Valter Sanches ist Generalsekretär eines internationalen Dachverbandes von Industriearbeitergewerkschaften. Er nimmt den spanischen Multimilliardär Amancio Ortega, Gründer der Modekette Zara und einer der reichsten Menschen der Welt, persönlich aufs Korn: Ortega lasse seine Jeans in Bangladesch für ein paar Cent produzieren und verkaufe sie auf Kosten der unterbezahlten Näherinnen in der Hamburger Fußgängerzone für 69 Euro.

Valdes und Shiva rufen die G20 auf, die Verantwortung für die Erde und das Leben an die Bevölkerung zurückzugeben. Es seien vor allem die Menschen vor Ort, die sich für Umweltschutz oder für Flüchtlinge einsetzten. Demokratie müsse „direkter und dezentralisiert“ werden.

Dass gesellschaftliches Engagement von unten zu Erfolgen führen kann, berichtet Patrick Bond, Professor für politische Ökonomie aus Südafrika. Rund sechs Millionen HIV-Infizierte gibt es in seinem Heimatland. Weil Aids-Medikamente unerschwinglich teuer waren, lag ihre durchschnittliche Lebenserwartung bis 2005 bei 52 Jahren. Nachdem ein breites Bündnis kostenlose Medikamente für die Betroffenen erkämpfte, leben diese im Schnitt nun zehn Jahre länger. „Das war“, sagt Bond, „ein Erfolg der Menschen gegen die Mächtigen.“ (epd)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false