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Politik: Geheimsache Wahrheit

Die Aufklärung der NSA-Affäre kommt nicht voran Dem U-Ausschuss fehlen wichtige Dokumente.

Von Anna Sauerbrey

Berlin - Der Zeuge T.B. hat eine leicht brüchige Stimme und macht immer wieder lange Pausen, offenbar um Präzision bemüht und darum, keine Angaben zu machen, die seine Aussagegenehmigung überschreiten. T.B. ist Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes (BND), er ist zum Bundeswehroffizier ausgebildet und Informatiker. Von September 2002 bis September 2007 war er in der BND-Dienststelle Bad Aibling eingesetzt, und deswegen ist er jetzt hier, im Sitzungssaal 5.900 des Paul-Löbe-Hauses, Deutscher Bundestag, in dem der NSA-Untersuchungsausschuss tagt. In seiner Dienstzeit, gibt T.B. zu Protokoll, wurde in Bad Aibling eine Kooperationsstelle zwischen dem BND und dem US-Nachrichtendienst NSA aufgebaut. Was genau diese Kooperation umfasste und ob der Austausch von Daten und Technik mit den deutschen Gesetzen vereinbar war, soll der Ausschuss klären. Doch die Sitzung wird schon nach 40 Minuten abgebrochen. In der Befragung des Zeugen durch die Linken-Obfrau Martina Renner hatte sich herausgestellt, dass der Zeuge zur Vorbereitung auf Dokumente zugreifen konnte, die den Ausschussmitgliedern ebenfalls hätten vorliegen sollen – die die Bundesregierung aber erst am Vorabend und nur in Teilen geliefert hatte.

Der Untersuchungsausschuss kommt nicht dazu, seine Arbeit zu machen. Noch immer findet ein zähes Ringen zwischen Bundesregierung und Abgeordneten um den Dokumentenzugang statt.

Nun eskalierte der Streit weiter. Grund dafür war wohl auch ein Schreiben von Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) an den Ausschussvorsitzenden Patrick Sensburg (CDU). Darin fordert das Bundeskanzleramt Sensburg auf, dafür zu sorgen, dass die Abgeordneten die Geheimhaltungspflichten einhalten. Auslöser dürfte ein Bericht von „Süddeutscher Zeitung“, WDR und NDR sein, in dem über die Kooperation von NSA und BND im Projekt „Eikonal“ berichtet wurde. Demnach soll der BND von 2004 bis 2008 am Internetknotenpunkt in Frankfurt Daten abgegriffen und an die NSA weitergeleitet haben. Darunter waren dem Bericht zufolge auch vom G-10-Gesetz geschützte Daten deutscher Bürger.

Christian Ströbele, Ausschussmitglied für die Grünen, wertete Altmeiers Brief als „Drohschreiben“. Martina Renner (Die Linke) sagte, die Vorwürfe entbehrten „jeder materiellen Basis“. Nach Aussagen von Oppositionspolitikern basieren die Berichte über die Operation „Eikonal“ auch auf Dokumenten, die dem Untersuchungsausschuss gar nicht vorlagen, die Quelle der Journalisten müsse also auf Regierungs- oder Behördenseite liegen.

Außerdem zeigt sich, dass es innerhalb des Dienstes unterschiedliche Lesarten gibt, welche Daten als geschützte „G-10-Daten“ gelten und welche der BND legal abhören darf. Der Zeuge T.B. kam noch dazu, zu sagen, Berichte, „Daten von Deutschen“ seien „rechtswidrig“ weitergegeben worden, seien falsch. Was er damit meinte, konnte er nicht mehr ausführen. Seine Befragung soll am 6.11. fortgesetzt werden. Anna Sauerbrey

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