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Politik: Geiseldrama auf Jolo: Heikle Aufgabe der Verhandlungskommission: fünf Entführer mit verschiedenen Forderungen steht ihr gegenüber

Am 17. Mai beehrte sich die philippinische Botschaft, den hochgeschätzten Regierungen Frankreichs, Finnlands und der Bundesrepublik Deutschland in gleichlautenden Briefen mit amtlichem Siegel die Mitglieder der Verhandlungskommssion zur Lösung des Geiselproblems auf Jolo vorzustellen.

Am 17. Mai beehrte sich die philippinische Botschaft, den hochgeschätzten Regierungen Frankreichs, Finnlands und der Bundesrepublik Deutschland in gleichlautenden Briefen mit amtlichem Siegel die Mitglieder der Verhandlungskommssion zur Lösung des Geiselproblems auf Jolo vorzustellen. In einem zwei Tage zuvor von Präsident Joseph Estrada verfassten Memorandum Nummer 102 A wurden sie aufgeführt, die vier offiziellen Mitglieder - und am Rande eines genannt, das auch noch in Gespräche einbezogen ist: der frühere libysche Botschafter auf den Philippinen, Abdul Rajab Azzarouq. Auf den Abgesandten Muammar al Gadhafis, des "Revolutionsführers", richten sich die größten Hoffnungen.

Die Zusammensetzung der offiziellen Kommission zeigt, wie die Struktur der Entführergruppe Abu Sayyaf eingeschätzt wird. Von staatlicher Seite leitet Robert Aventajado die Verhandlungen, der Berater des Präsidenten für wirtschaftliche Angelegenheiten. Ihm stehen zur Seite: Abdusakar M. Tan, der Gouverneur der Provinz Sulu, dann Farouk Hussein, Regierungsbeauftragter für die Ausbildung zu Friedensinitiativen, außerdem Ustadz Ibrahim Ghazali, ein islamischer Gelehrter. Er, der Moslem, ist als letzter in dem Schreiben genannt. Insgesamt, mit dem libyschen Botschafter, sind es also fünf Unterhändler.

Ihnen stehen auf Seiten der Geiselnehmer ebenfalls fünf gegenüber, Anführer von lokalen Clans. Als erster Ghalib Andang, "Commander Robot". Seine Motivation, nach allen Informationen: Geld. Die Verhandlungskommission hat darüber hinaus schon festgestellt, wie medienorientiert er ist. Andang kontrolliert das Talipao-Gebiet. Aus diesem Gebiet stammt auch Mujib Susukan. Mitsamt den Bewaffneten von Andang verfügt er über 1000 Mann. Susukans Motive gelten ebenfalls als kriminell, nicht als politisch.

Als "Chef des Stabes" wird Radulan Shahiron geführt, was nach bisherigen Erkenntnissen aber keine hohe Position bedeutet. Entscheidungen darf er nicht fällen. Er kommt aus dem Patikul-Gebiet, ist islamisch-ideologisch. Shahiron verhält sich diszplinierter als Andang und Susukan.

Ebenfalls islamisch-ideologisch ist Abu Jumdail, "Doktor Abu". Er vertritt Interessen des Indanan-Gebiets, wie Nadjmi Sabdullah oder auch Saddala, der sich "Commander Global" nennt. Die beiden treten meistens zusammen auf. Aus Basilan sind Jai Anjani und Abu Sabaya gekommen, sie greifen aber wohl nicht direkt ein.

Das "Sulu-Geisel-Problem", wie es die Regierung in Manila offiziell bezeichnet, hat mehrere Aspekte, die Verhandungen extrem erschweren. So haben sich die Entführer angesichts der Kräfteverhältnisse innerhalb ihrer Gruppe bisher nicht auf eine gemeinsame Forderung verständigen können. Es gibt auch nicht den einen strategischen Anführer; der Namensgeber, Abu Sayyaf, ist tot. Der Weg zu den Geiseln führt durch vier Clan-Gebiete, und jede örtliche Gruppe will von der Entführung profitieren, vor allem finanziell. So kommt es immer wieder zu kurzeitigen Geiselnahmen während der Geiselnahme.

Allerdings sollte die Freilassung der malaysischen Geisel vor zehn Tagen offenkundig den Blick auf die politischen Forderungen lenken. Es war nach allen Informationen vor allem als Signal an die Konferenz der islamischen Staaten gedacht, die inzwischen in der Region stattgefunden hat. Dorthin war auch der libysche Sonderemissär Azzarouq als Berichterstatter gebeten worden.

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