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Alltag im Jemen. Von einigen europäischen Geiseln fehlte lang jede Spur. Jetzt gibt es ein Video eines österreichschen Studenten, der in Sanaa verschleppt worden war.

© dpa

Geiselnahme im Jemen: Erstes Lebenszeichen per Video

Vor zwei Monaten ist der österreichische Student Dominik Neubauer im Jemen von Al Qaida entführt und vermutlich verkauft worden. In einer Videobotschaft hat er nun um die Zahlung von Lösegeld gebeten. Nach einer Frist von einer Woche drohe ihm sonst der Tod.

Zwei Monate lang fehlte von ihnen jede Spur, waren die im Jemen entführten drei jungen Europäer wie vom Erdboden verschluckt. Am Samstag tauchte jetzt ein erstes Lebenszeichen auf, eine dramatische Videobotschaft des österreichischen Studenten Dominik Neubauer. Er war zusammen mit einem befreundeten finnischen Paar in der Altstadt der Hauptstadt Sanaa von Kidnappern mit gezückten Pistolen zum Mitkommen gezwungen worden.

„Ich bin ein österreichischer Staatsbürger. Ich wurde am 21. Dezember von einem jemenitischen Stamm als Geisel genommen“, sagte der 26-Jährige in dem gut eine Minute langen Clip erst auf Englisch, dann auf Deutsch, während ihm einer seiner Peiniger die Mündung einer Kalaschnikow an den Kopf hält. „Sie wollen Lösegeld. Ich appelliere an die jemenitische Regierung, die österreichische Bundesregierung, die Europäische Union und alle anderen Staaten, ihre Forderungen zu erfüllen. Anderenfalls werden sie mich sieben Tage nach der Veröffentlichung dieses Videos töten.“ Der junge Mann, der schon länger als Arabisch-Student in Sanaa lebt, wirkte extrem angespannt. „Mama, Papa, Lucas, Angela – ich liebe euch über alles. Bis jetzt bin ich bei guter Gesundheit“, fügte er den Tränen nahe hinzu.

Ein Sprecher des österreichischen Außenministeriums erklärte, seine Regierung gehe davon aus, dass das Video authentisch sei. „Das ist das erste Lebenszeichen von Herrn Neubauer“, sagte er. Österreich lasse sich jedoch nicht erpressen, auch habe sich bisher keine konkrete Gruppe zu der Entführung bekannt. Man wisse nicht, ob der Student noch mit den finnischen Mitentführten zusammen sei. Der andere junge Mann ist ebenfalls ein Arabisch-Sprachschüler, seine Freundin hatte ihn im Jemen besucht. In dem Video werden sie nicht erwähnt. Das Außenministerium in Helsinki teilte mit, eine derartige Drohung für das finnische Paar sei bisher nicht eingegangen.

Nach Einschätzung von Terrorexperten in Sanaa sind die drei von ihren kriminellen Entführern an Al Qaida weiterverkauft worden und sollen sich in Radaa in der Provinz Al Bayda aufhalten. Die Stadt liegt etwa 150 Kilometer südlich der Hauptstadt Sanaa und steht seit einem Jahr komplett unter der Kontrolle der Gotteskrieger. Im Jemen gilt diese Entführung daher im Blick auf westliche Besucher als gefährlicher Präzedenzfall. Die Regierung befürchtet, „dass sich künftig immer mehr Stämme oder kriminelle Banden an dieser Art Geschäft beteiligen“, wie ein hoher Beamter formulierte. In einer ähnlichen Gewaltaktion war im März letzten Jahres bereits der saudische Vizekonsul Abdullah al Khalidi in Aden entführt und an Al Qaida weiterverkauft worden. Er hat inzwischen drei Mal per Video an König Abdullah appelliert, die Forderungen der Entführer zu erfüllen und sein Leben zu retten, zuletzt im Oktober.

In den vergangenen 15 Jahren sind schätzungsweise 200 Ausländer im Jemen als Geiseln genommen worden, in der Regel von Stammeskämpfern, die gegenüber der Zentralregierung konkrete Anliegen wie eine neue Straße, eine Anbindung an die Stromversorgung oder die Freilassung inhaftierter Verwandter durchsetzen wollten. Absolut ungewöhnlich war bisher, dass die Opfer eine Videobotschaft aufsagen müssen und vor der Kamera mit dem Tode bedroht werden.

Al-Qaida-Anschläge auf ausländische Touristen hatte es zuletzt vor vier Jahren gegeben. Im März 2009 riss ein Selbstmordattentäter auf einer Aussichtsplattform oberhalb der Lehmstadt Shibam vier Südkoreaner mit in den Tod. Ebenfalls in der Region Hadramaut töteten 2008 mutmaßliche Al-Qaida-Kämpfer zwei belgische Touristen. Im Juli 2007 fuhr in Marib in Zentraljemen ein Selbstmordattentäter in den Konvoi einer Reisegruppe. Sieben Spanier starben.

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