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Politik: Gelb fern von Schwarz

Die FDP demonstriert auf dem Dreikönigstreffen in Stuttgart Selbstbewusstsein

Von Antje Sirleschtov

Dass sich eine Oppositionspartei wie die FDP bei ihrem traditionellen Neujahrstreffen in Stuttgart ganz deutlich vom politischen Kurs des regierenden rot-grünen Bündnisses absetzt, ist selbstverständlich. Zumal in den nächsten Monaten Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen anstehen. Grundlegende Regierungskritik wird da am Dreikönigstag zur ersten Liberalenpflicht.

Die aus Berlin angereiste Parteiführung kam ihr denn auch an diesem Donnerstag vor vollbesetzten Rängen im historischen Staatstheater der baden-württembergischen Landeshauptstadt wortgewaltig nach: Deutschlands Arbeitsmarkt im Stillstand, der Bundeskanzler im männlichen Freundschaftsbündnis mit einem die Menschenrechte geringschätzenden russischen Präsidenten und die Grünen feste mit dem Abbau von Bürger- und Freiheitsrechten beschäftigt. Guido Westerwelle ließ kein gutes Haar an der Bundesregierung. „Wir brauchen eine Erneuerung für Deutschland“, lautete sein Befund. Und ganz klar: „Wir, die FDP, haben ein umfassendes und durchgerechnetes Regierungskonzept.“

Auffällig an diesem (nicht ganz taufrischen) 10-Punkte-Plan: Die Liberalenführung setzt sich deutlich von den politischen Linien der Unionsparteien ab. „Keine klaren Antworten, keine Alternativen“ zu Rot-Grün, stellte Westerwelle fest. Die Unfähigkeit zur Reform habe die große Koalition zuletzt erst wieder bei den Verhandlungen zur föderalen Staatsordnung eindrücklich bewiesen.

Und auch Fraktionschef Wolfgang Gerhardt sparte nicht mit derber inhaltlicher Kritik. Beim Unions-Steuerkonzept habe der CDU-Finanzexperte Friedrich Merz 60 bei der FDP abgeschrieben, die restlichen 40 Prozent seien von der eigenen Partei zerschossen worden. Nichts Ordentliches also herausgekommen in Sachen Steuerreform. Und erst der Murks mit dem Gesundheitskonzept. Beim ersten Versuch, das Solidarsystem zu sanieren, habe sich gezeigt, dass die Große Koalition „nichts Brauchbares“ zuwege bringt, meint Gerhardt.

Auch außenpolitisch sendete insbesondere Gerhardt „deutliche Worte in Richtung Kreuth“, wo zur gleichen Zeit die CSU ihre Winterklausur abhielt. „Falsch und absurd“ sei es, den Vertrag zur Europäischen Verfassung in Misskredit zu ziehen, sagte er. Und die Beitrittverhandlungen mit der Türkei seien „selbstverständlich“ zu führen, und zwar ergebnisoffen. Sich heute bereits auf einen Verhandlungsweg – etwa die von CDU-Chefin Angela Merkel präferierte privilegierte Partnerschaft – festzulegen, sei falsch.

Richtig deutlich wurden Westerwelle und Gerhardt in ihrem Angriff auf den Zustand der Unionsparteien allerdings erst beim Kündigungsschutz: Angesichts von mehr als vier Millionen Arbeitslosen brauche das Land hier dringende Veränderungen sagte Westerwelle. Und Gerhardt stellte klar: „Wir werden in kein Regierungsbündnis mehr eintreten, das sich nicht der Eindämmung des Einflusses der Tarifparteien verpflichtet.“ Dazu stünden Fraktions- und Parteiführung der FDP gleichermaßen.

Die Formel der Liberalen zur Erneuerung des Landes lässt sich im Kern auf „Weniger Staat und mehr Freiheit der Bürger“ zurückführen. Steuerreform mit dem bekannten Drei-Stufen-Modell der FDP, freie Wahl der Krankenversicherung für alle mit Auszahlung der Arbeitgeberbeiträge an die Arbeitnehmer, Abschaffung der umlagefinanzierten Pflegeversicherung, radikaler Subventionsabbau zur Haushaltssanierung, mehr Freiheit für Hoch- und Grundschulen und Forschungsfreigabe für Gentechnik.

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