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Politik: Gemeinsam stärker

Die RPR von Präsident Chirac und die DL von Premier Raffarin lösen sich auf – um eine große Partei zu bilden

Von Sabine Heimgärtner, Paris

Parteigründer Jacques Chirac höchstpersönlich war es, der Frankreichs neogaullistische Partei RPR – Versammlung für die Republik – nach 26 Jahren zu Grabe getragen hat. Die Partei des konservativen französischen Präsidenten wurde am Wochenende in Villepinte bei Paris aufgelöst, um sich unter anderen Vorzeichen zu erneuern. 86 Prozent der rund 3000 Delegierten stimmten der Auflösung zu. Schon der der neuen Partei zeigt, dass das Ende der RPR und ihre Wiedergeburt als UMP die Krönung der Karriere des Jacques Chirac werden soll: Die Abkürzung bedeutet „Union pour la Majorité Presidentielle“ – „Union für die Mehrheit des Präsidenten“.

Als „große Familie“ bezeichnete Chirac die neue Partei, die am 17. November offiziell gegründet werden soll. Die UMP ist ein Bündnis der Neogaullisten mit der rechtsliberalen Partei Démocratie Liberale (DL) von Premierminister Jean-Pierre Raffarin und einer konservativen Splittergruppe der rechtsliberalen UDF. „Die Franzosen wollen sich mit uns zu einer großen Bewegung zusammenschließen, die unsere Werte verteidigt und die Öffnung auf die Welt verkörpert“, rief Chirac den Delegierten in Villepinte zu.

Auch wenn es schon immer Chiracs Traum war, eine starke, konservative Massenpartei als Gegenpol zu Frankreichs Sozialisten hinter sich zu vereinen, ist die UMP eigentlich aus größter Not entstanden. Nach dem überraschend guten Abschneiden der Rechtsextremen unter Jean-Marie Le Pen bei den Präsidentschaftswahlen wollten die Konservativen bei den Parlamentswahlen gemeinsam antreten, um Stichwahlen in kritischen Wahlkreisen zu vermeiden. Die Strategie ging auf: Die Sammlungsbewegung UMP gewann die absolute Mehrheit in der Nationalversammlung.

In vielen Medien war allerdings von einer „Massenbeerdigung“ die Rede. Denn auch Regierungschef Raffarin beendete am Wochenende das Dasein seiner DL. Die beliebte Boulevardzeitung „Le Parisien“ platzierte unter ihren Berichten zum Thema die Anzeige eines Bestattungsunternehmens. Die betroffenen Parteimitglieder zeigten nach außen keine Trauerstimmung. „Nein, das ist keine Beerdigung, sondern der Aufbruch in ein fantastisches Abenteuer“, schwärmte Regierungssprecher Jean-Francois Copé. „Warum sollten wir trauern?“, amüsierte sich die Abgeordnete Lydie Bailleux, „im Grunde ändert sich nichts außer den Anfangsbuchstaben unserer Partei, im Herzen bleiben wir Neogaullisten.“

Genau dies könnte das „Abenteuer“ in abenteuerliche neue Flügelkämpfe führen, die in der Geschichte von Frankreichs bürgerlichen Parteien alles andere als eine Seltenheit sind. Zwar erhofft man sich mit der Gründung der neuen Partei „das Ende von Rivalitäten zwischen Konservativen und Liberalen“ (Chirac), doch gleichzeitig schwören schon vor dem Zusammenschluss Neogaullisten wie Liberale, ihren politischen Ideen treu zu bleiben. Bisher beschränken sich die Streitereien noch auf den künftigen Namen der Partei: Die Idee des früheren Premiers Alain Juppé, die neue Partei den Parteifarben entsprechend „La Maison bleue“ („Das blaue Haus“) zu nennen, stieß bereits auf schallendes Gelächter, ebenso wie auf heftige Ablehnung.

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