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Politik: Gerüchte, Dementis und Verdächtigungen

Rätselraten in der SPD: Wie wurden Details aus dem Gespräch zwischen Schröder und Köhler öffentlich?

Die Stimme der Vernunft kommt aus den grünen Reihen, und das ist kein Zufall. Reinhard Loske warnt davor, den Bundespräsidenten zu beschädigen. Er fürchtet einen Schaden für die politische Kultur durch die Diskussionen um die Vertrauensfrage. Der grüne Fraktionsvize hat reichlichen Stoff für solche Ermahnungen, denn die Berliner Luft wird immer gerüchtehaltiger.

Allerdings haben die Grünen es auch leichter als die Sozialdemokraten. Denn der kleine Koalitionspartner ist aus der Frage entlassen, die viele Sozialdemokraten umtreibt: Wer ist schuld? Die Grünen sind freigesprochen, seit ein von SPD-Seite schlecht inszenierter Koalitionsstreit um die Unternehmenssteuer mit dem Versprechen des Bundeskanzlers beendet wurde, er mache die Grünen nicht für das Scheitern verantwortlich. Bei der SPD sind es mittlerweile zwei, die dem Bundeskanzler zur Seite getreten sind, um den schwierigen Balanceakt zwischen einer wunschgemäß gescheiterten Vertrauensfrage und der Verantwortungsfrage zu erleichtern. Nach Bundesinnenminister Otto Schily hat nun auch Verteidigungsminister Peter Struck seine Bereitschaft zur Enthaltung bei der Vertrauensfrage erklärt.

Struck und Schily sind unverdächtig, Schröder das Regieren durch Kursabweichung schwer gemacht zu haben – anders als Fraktionsvize Michael Müller und andere Parteilinke. Ihre Erklärungsnot ist noch einmal gewachsen, nach den Indiskretionen aus dem Gespräch zwischen Kanzler und Bundespräsident Horst Köhler am 23. Mai. Dort habe Schröder dem Präsidenten geschildert, (was er öffentlich nicht sagt), dass er sich nämlich auf eine stetige Mehrheit in der Regierungsfraktion nicht verlassen kann.

Der darauf folgenden öffentlichen Beschimpfung des Bundespräsidenten durch Müller schließen sich am Dienstag Fraktionsvize Ludwig Stiegler und sogar ein Vertreter des Seeheimer Kreises an.

In der Umgebung des Kanzlers ruft das heftige Gegenreaktionen hervor. Zunächst geschliffene Worte von Regierungssprecher Bela Anda: Er würde mit dem Finger auf andere weisen, wenn er Indiskretionen auf der Kanzlerseite zurückweise. Die Zusammenarbeit sei „gut und vertrauensvoll“ , Schröder habe „hohen Respekt“ vor dem Amt und der Person des Bundespräsidenten. Doch Anda setzt auch einen groben Klotz auf Müllers Präsidentenattacke. Ungefragt spricht er von „völlig unerträglichen Angriffen auf den Bundespräsidenten“. Auf die Frage, ob er damit Müller gemeint habe, liefert Anda nach: „Das verstehen Sie richtig.“

Das schönste Gerücht des Tages wird am Dienstag der sozialdemokratischen Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA) zugerechnet: Sie wolle mit einem Gegenkandidaten zu Schröder auftreten. Afa-Chef und Kanzler-Kritiker Ottmar Schreiner dementiert: Das so genannte Landesvorstandsmitglied Heinz- Werner Schuster spreche weder für die Afa im Bund noch in Nordrhein-Westfalen.

Grünen-Politiker Loske mahnt zur Eile. Je länger sich alles hinziehe, umso „fruchtbarer ist der Boden für Spekulationen aller Art“.

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