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Politik: „Geschichte nicht auf den Kopf stellen“

Kanzler Schröder reagiert bei den Gedenkfeiern in Warschau auf den Streit um die Vertriebenen

Warschau Erstmals hat ein deutscher Kanzler an den Gedenkfeiern zum Warschauer Aufstand teilgenommen. Mit besonderer Spannung wurde erwartet, was Schröder zu zwei Themen sagen würde, die in den vergangenen Monaten die deutsch-polnischen Beziehungen belastet haben: zu den Entschädigungsforderungen Vertriebener aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten und den Bestrebungen, ein Zentrum gegen Vertreibungen in Berlin zu errichten. Beides lehnt die Bundesregierung klar ab. Schröder hatte diese Haltung kurz vor seiner Polen-Reise noch einmal bekräftigt.

Zentrum gegen Vertreibungen: Statt eines Berliner Zentrums gegen Vertreibungen spricht sich die Bundesregierung für eine europäische Initiative aus, um der Opfer von Vertreibungen in Europa gemeinsam zu gedenken. „Wir unterstützen die Bemühungen für ein europäisches Netzwerk, wie der polnische Staatspräsident und der deutsche Bundespräsident es vorgeschlagen haben“, sagte Schröder in Warschau nach vorab verbreitetem Redemanuskript.

Ansprüche Vertriebener an Polen: Den Entschädigungsforderungen Vertriebener erteilte Schröder ebenfalls eine klare Absage: „Wir Deutschen wissen sehr wohl, wer den Krieg angefangen hat, und wer seine ersten Opfer waren. Deshalb darf es heute keinen Raum mehr geben für Restitutions-Ansprüche aus Deutschland, die die Geschichte auf den Kopf stellen“, betonte Schröder in seiner Rede. Die mit dem Zweiten Weltkrieg zusammenhängenden Vermögensfragen seien für beide Regierungen kein Thema in den gemeinsamen Beziehungen. Zugleich versicherte der Kanzler seinen polnischen Gesprächspartnern, dass es keine ernst zu nehmenden politischen Kräfte in Deutschland gebe, die individuelle Forderungen nach einer Entschädigung unterstützten. Diese Position werde die Bundesregierung auch vor internationalen Gerichten vertreten, betonte Schröder.

Polens Premier Marek Belka wollte dem Kanzler eine Initiative vorschlagen, um die Entschädigungsfrage endgültig zu klären. „Die Regierungen Polens und Deutschlands sollten gemeinsam einen Plan erarbeiten, der das Thema endgültig löst“, hatte er am Samstag erklärt. „Wir sollten Schritte einleiten, die einen Durchbruch in dieser Sache bedeuten.“ Tsp

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