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Politik: Gespannte Erwartung bei EU-Referendum

In Frankreich und den Partnerländern der Europäischen Union wurde am Sonntag mit großer Spannung der Ausgang des französischen Referendums über die EU-Verfassung erwartet. Alle Umfragen der vergangenen Wochen hatten einen klaren Sieg der Verfassungsgegner vorausgesagt. (29.05.2005, 17:41 Uhr)

Paris - Bis zum Sonntagmittag gaben nach Angaben des französischen Innenministeriums etwa 25 Prozent der etwa 42 Millionen Wahlberechtigten ihre Stimme ab.

Beim Referendum über den EU-Vertrag von Maastricht 1992 waren es zur gleichen Zeit nur 20 Prozent der Wahlberechtigten gewesen. In Paris lag die Beteiligung bei 18 Prozent, im Vergleich zu 16 Prozent 1992. In zahlreichen französischen Regionen erreichte die Beteiligung bis zum Mittag mehr als 30 Prozent. Offen war allerdings, ob das rege Interesse Gegnern oder Befürwortern der Verfassung nützen würde.

Erste Hochrechnungen wurden kurz nach Schließung der letzten Wahllokale in Lyon und Paris um 22.00 Uhr erwartet. Präsident Jacques Chirac und seine Frau Bernadette gaben ihre Stimme in der Ortschaft Sarran in Zentralfrankreich ab, wo Bernadette als Regionalpolitikerin amtiert. Sozialistenchef François Hollande stimmte in Tulle ab, wo er Bürgermeister ist. «Alles ist möglich», sagte Hollande.

Zur Einschätzung der Ergebnisse schrieb die Zeitung «Le Journal du Dimanche», 50 Prozent Ja-Stimmen «wären eine himmlische Überraschung» und weniger als 45 Prozent «eine verheerende Erschütterung». In französischen Überseegebieten wie Martinique, Gouadeloupe und Französisch-Guyana, wo bereits am Samstag abgestimmt wurde, lag die Beteiligung nach den Angaben des Innenministeriums unter 30 Prozent.

Als neuntes Land in der EU hatte Deutschland am Freitag den Text ratifiziert. Sollten die Franzosen die EU-Verfassung ablehnen, ist der Vertrag gescheitert, weil alle 25 EU-Staaten zustimmen müssen. Die Verfassung soll in der EU Mehrheitsentscheidungen erleichtern, die gemeinsame Außenpolitik stärken und dem Europaparlament mehr Rechte geben.

Der deutsche EU-Kommissar Günter Verheugen wies Befürchtungen über eine schwere Krise in Europa im Fall eines Neins der Franzosen zurück. Die EU müsse dann nicht «in anderen Bereichen außer Tritt geraten», sagte Verheugen der Neuen Presse in Hannover (Samstag). Auch das Gegenteil könne der Fall sein. «Die Hauptakteure werden demonstrieren wollen, dass die EU weiter funktioniert.» Dagegen vertrat der Vorsitzende des Europa-Ausschusses des Bundestags, Matthias Wissmann, die Ansicht, dass ein Scheitern des Referendums eine mittlere Krise der Gemeinschaft auslösen würde. (tso)

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