zum Hauptinhalt
Ein Kämpfer der „Freien Syrischen Armee“ in der Stadt Aleppo. Foto: Reuters

© REUTERS

Politik: Gesprächspartner gesucht

Im November soll über eine friedliche Lösung für Syrien verhandelt werden – wer die gespaltene Opposition vertritt, ist unklar.

Kairo - Eigentlich hätte die Syrien-Friedenskonferenz schon im Mai stattfinden sollen. Seither sind weitere 20 000 Menschen in dem blutigen Bürgerkrieg gestorben, 500 000 zusätzlich außer Landes geflohen. Am Sonntag wurde als Termin für die Konferenz in Genf nun der 23. und 24. November ausgerufen. Der UN-Sondergesandte Lakhdar Brahimi war dafür eigens zur Arabischen Liga nach Kairo gekommen, nächste Woche reist er nach Syrien, Qatar, in die Türkei und den Iran, der wichtigste Verbündete von Baschar al Assad in der Region. Wer allerdings bei dem diplomatischen Welttermin in Genf die syrische Opposition vertritt, wird für die internationalen Vermittler immer nebulöser.

Denn die „Syrische Nationale Koalition (SNC)“, der politische Dachverband der Assad-Gegner, ist seit dem demonstrativen Austritt von 13 islamistischen Gruppen vor vier Wochen nur noch eine leere Hülle. Die kurdische Minderheit war nie richtig mit an Bord, weil von allen Seiten verdächtigt, nur ihre eigenen Interessen im Auge zu haben. Und das Verhältnis des SNC zur innersyrischen Opposition war von Anfang an gestört. Die 13 abtrünnigen Brigaden, darunter Jabha al Nusra, Liwa al Islam und Liwa al Tawhid, haben sich mittlerweile zu einer „Islamischen Allianz“ vereint, ihre 50 000 Kämpfer wollen sie bis Januar 2014 zu einer „Islamischen Armee“ zusammenfassen. Von Saudi-Arabien und Qatar finanziert, spielen diese auf dem Schlachtfeld inzwischen eine tragende Rolle. Dagegen warten die rund 80 000 moderaten Rebellen der „Freien Syrischen Armee“ nach wie vor auf substanzielle Waffenhilfe aus den Vereinigten Staaten, vor allem Raketen gegen Assads Artillerie und Luftwaffe.

Nach ihrem Gründungsmanifest setzt die „Islamische Allianz“ allein auf einen militärischen Sieg, Verhandlungen mit dem Regime lehnt sie kategorisch ab – genauso wie die extrem radikale und gewalttätige Al-Qaida-Filiale „Islamischer Staat im Irak und in der Levante (ISIS)“. Diese agiert auf eigene Faust, versucht, Terrorenklaven zu errichten, und kommandiert etwa 15 000 Bewaffnete, von denen zwei Drittel aus dem Ausland stammen. So münden die wachsenden Rivalitäten zwischen den Rebellenlagern immer häufiger in erbitterte Feuergefechte. Bei Kämpfen zwischen Dschihadisten und Kurden starben in der vergangenen Woche 41Menschen. In Azaz und Aleppo gerieten moderate Kämpfer und radikale Gotteskrieger mehrere Tage lang aneinander, am Ende gab es über 60 Tote auf beiden Seiten.

Gleichzeitig wachsen international die Zweifel, ob die Opposition überhaupt noch in der Lage ist, sinnvolle Verhandlungen mit dem Regime in Damaskus zu führen. Der endgültig vor dem Zerfall stehende Dachverband SNC fordert, Präsident Assad dürfe in einer künftigen Übergangsregierung keine Rolle mehr spielen – eine Vorbedingung, die der Diktator auf keinen Fall zu akzeptieren bereit ist. Jetzt will der SNC am 1. November in Istanbul entscheiden, ob er die Gespräche in Genf boykottiert oder nicht.

Bereit anzureisen sind dagegen die Kurden, die sich von einem möglichen Zerfall Syriens Autonomie erhoffen, sowie das „Nationale Koordinationsbüro“, der vom Assad-Regime geduldete Verband der innersyrischen Opposition. Den internationalen Vermittlern dürfte eine solche Rumpfbesetzung jedoch nicht reichen. Die Syrienkonferenz in Genf werde nicht einberufen, drohte Brahimi bereits am Sonntag in Kairo, wenn die Opposition keine „überzeugende Repräsentation“ aufbieten könne. Und was er damit meint, daran ließ der UN-Vermittler keinen Zweifel – nämlich „Delegierte aus allen wichtigen Segmenten des syrischen Volkes, die Präsident Baschar al Assad ablehnen“. Martin Gehlen

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false