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Gesundheitspolitik: Krankenkassen fahren Überschuss ein

Trotz Finanzkrise fahren die gesetzlichen Krankenkassen einen Bilanzüberschuss des letzten Jahres ein. Gleichzeitig verbietet das Bundessozialgericht eine Kreditaufnahme der Kassen. Geklagt hatte die Barmer - Ersatzkasse.

Die gesetzlichen Krankenkassen haben das vergangene Jahr entgegen allen Befürchtungen noch einmal mit einem deutlichen Überschuss abgeschlossen. Mit einem Plus von rund 730 Millionen Euro schrieben sie zum fünften Mal in Folge schwarze Zahlen. Allerdings reduzierte sich der Überschuss binnen Jahresfrist um knapp eine Milliarde Euro. Ob die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) 2009 wegen der Finanz- und Wirtschaftskrise auf rote Zahlen zusteuert, ist offen, da sich der Bundeszuschuss im Milliarden-Bereich erhöht.

Wie das Bundesgesundheitsministerium am Dienstag in Berlin mitteilte, lagen die GKV-Einnahmen bei rund 161,7 Milliarden Euro, die Ausgaben bei 160,8 Milliarden Euro. Das Finanzpolster bei den 200 Kassen wuchs auf mehr als vier Milliarden Euro. Sie seien Anfang 2009 ohne Schulden in den Gesundheitsfonds gestartet. Auch die zuvor noch verschuldeten Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) seien dank erfolgreicher Sanierung vollständig entschuldet. Dies nannte das Ministerium "eine solide Basis". Dies gelte auch für Ersatzkassen und Betriebskrankenkassen.

Krankenhausbehandlung ist am teuersten

Positiv schlugen 2008 der noch ungebremste Beschäftigungsanstieg und die deutlichen Lohnerhöhungen zu Buche: Dies bescherte den Kassen Einnahmezuwächse von 3,1 Prozent pro Mitglied auch noch im vierten Quartal. Auf das Gesamtjahr gesehen legten die Einnahmen um 3,8 Prozent zu. Die Ausgaben erhöhten sich allerdings um 4,7 Prozent - zuletzt aber mit leicht abnehmender Tendenz. Insgesamt gab es Ende 2008 etwa 430.000 Beitragszahler mehr als ein Jahr zuvor, die Zahl der beitragsfrei mitversicherten Familienmitglieder schrumpfte um 450.000.

Auf der Ausgabenseite war erneut die Behandlung im Krankenhaus mit 52,6 Milliarden Euro (plus 3,5 Prozent) der größte Posten. Erheblich ins Gewicht fielen erneut auch die Ausgaben für Arzneimittel (29,2 Milliarden Euro/plus 5,3 Prozent) und die Arzthonorare für ambulante Behandlungen mit knapp 24,3 Milliarden Euro (plus 5,0 Prozent). Dies zeigt nach Ansicht des Gesundheitsministeriums, dass sich die Honorar-Situation der Mediziner entgegen eigener Darstellung "bereits 2008 deutlich verbessert hat".

Für zahnärztliche Leistungen gaben die Kassen knapp elf Milliarden (plus 2,6 Prozent) aus. Das Krankengeld für Langzeitpatienten schlug mit knapp 6,6 Milliarden Euro (plus 9,0 Prozent) zu Buche. Die Verwaltungsausgaben der Kassen stiegen 2008 um 2,0 Prozent auf 8,3 Milliarden Euro. Für den GKV-Spitzenverband zeigen die Ergebnisse nach den Worten von Sprecher Florian Lanz, "dass die Krankenkassen insgesamt solide gewirtschaftet und ihre unterschiedlichen Beitragssätze verantwortungsvoll festgesetzt haben".

Bundessozialgericht schränkt Handlungsspielraum der Kassen ein

Während die Krankenkassen ihren Bilanzüberschuss bekannt geben, beschränkte das Bundessozialgericht (BSG) den Finanzspielraum der gesetzlichen Krankenkassen deutlich. Nach einem am Dienstag verkündeten Grundsatzurteil dürfen sie freie Gelder nicht anlegen, wenn dies auch nur vorübergehend zu einem Kreditbedarf führen kann. Dies verstoße gegen das Kreditverbot sowie gegen die Pflicht der Kassen, ihre Gelder verfügbar zu halten und sicher anzulegen (Az: B 1 A 1/08 R).

Mit seinem Grundsatzurteil wies das BSG die Barmer Ersatzkasse in die Schranken. Sie wollte 2005 100 Millionen Euro auf sechs Monate anlegen, wohl wissend, dass dadurch kurzfristige Kredite notwendig würden. Das Bundesversicherungsamt verbot der Kasse das Geschäft und gab ihr auf, sich auf die Anlage in Tagesgeldern zu beschränken. Dagegen wehrte sich die Barmer mit einem Hinweis auf das gesetzliche Gebot zu wirtschaftlichem Handeln. Trotz der so vermiedenen Zinsen für die kurzfristigen Kredits seien der Kasse im Gesamtergebnis Zinserträge von 128.000 Euro entgangen.

Doch darauf komme es nicht an, urteilte das BSG und machte einen gleich dreifachen Gesetzesverstoß aus: Laut Gesetz sei den Kassen die Aufnahme von Krediten schlicht verboten, einen dahin gehenden Spielraum gebe auch das Wirtschaftlichkeitsgebot nicht. Zudem müssten die Kassen freie Mittel "an einer jederzeit verfügbaren Form anlegen", so das BSG weiter. Dies schließe eine Anlage aus, bei der ein vorübergehender Kreditbedarf einkalkuliert sei. Drittens schließlich seien die Krankenkassen zu einer sicheren Geldanlage verpflichtet. Bei einem Anstieg der Zinsen für kurzfristige Kredite hätte das "spekulative Geschäft" der Barmer aber durchaus zu einem Defizit führen können, argumentierten die Kasseler Richter. (ml/AFP/dpa)

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