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Gesundheitsreform: Schmidt warnt Kassen vor überzogenen Beitragserhöhungen

Während Gesundheitsministerin Schmidt den Kassen bei den angekündigten Beitragserhöhungen ganz genau auf die Finger schauen will, macht die AOK die Bundesregierung für die höheren Beiträge verantwortlich.

Berlin - Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) hat die gesetzlichen Krankenkassen vor überzogenen Beitragserhöhungen gewarnt. "Wir werden über das Bundesversicherungsamt sehr genau überprüfen, wofür die Beiträge angehoben werden", sagte Schmidt vor Journalisten in Berlin. Der Vorstandschef der AOK Bayern, Helmut Platzer, wies Kritik an den Beitragserhöhungen der gesetzlichen Krankenkassen zurück und machte die Bundesregierung für die Finanzprobleme verantwortlich. Im Streit zwischen dem Bund und den vor allem süddeutschen Ländern um mögliche Mehrbelastungen durch die Gesundheitsreform erklärte die Bundesregierung, die Berechnungen der Länder seien mangelhaft.

Platzer sagte dem Bayerischen Rundfunk, die Politik habe bewirkt, dass die Mittel für die gesetzlichen Kassen nicht mehr ausreichten. Konkret nannte er die Mehrwertsteuer-Erhöhung und den geringeren Anteil der Krankenkassen an der Tabaksteuer. Auch die Gesundheitsreform werde nicht zu geringeren Beiträgen führen, sagte Platzer weiter. Vielmehr drohten steigende Kosten und ein sinkendes Versorgungsniveau.

Schmidt will "sehr genau hinsehen"

Schmidt sagte dazu, die Kassen müssten darlegen, welcher Anteil ihrer Beitragsanhebung auf die höhere Mehrwertsteuer, auf den geringeren Bundeszuschuss oder auf den vom Bund geforderten Schuldenabbau zurückgehe. Die Ministerin wies darauf hin, dass die Kassen ursprünglich mit geringeren Beitragssatz-Anhebungen auskommen wollten. Seither habe sich deren Lage aber durch steigende Einnahmen, höhere Einsparungen, eine langsamere Entschuldung und einen doch wieder erhöhten Bundeszuschuss eher verbessert. "Auf Bundesebene kann ich zusichern, dass wir über die Aufsicht sehr genau hinsehen werden", sagte die Ministerin zu den angekündigten Beitragserhöhungen. Die Länder rief sie auf, für die Kassen in ihrer Zuständigkeit ebenso zu verfahren.

Mehrere Allgemeine Ortskrankenkassen (AOK) haben eine kräftige Erhöhung ihrer Beiträge zum 1. Januar angekündigt. Die Brandenburger AOK will beispielsweise den Satz um 1,3 Prozentpunkte auf 14,9 Prozent anheben, wie die "Märkische Allgemeine" berichtete. Dies habe der Verwaltungsrat der Kasse beschlossen. Als Grund wird ebenfalls unter anderem die höhere Mehrwertsteuer ab Januar angegeben. Ein Sprecher des Brandenburger Gesundheitsministeriums kündigte der Zeitung zufolge an, das Ministerium werde die Beitragserhöhung im Rahmen der Rechtsaufsicht prüfen.

Länder-Studie "fehlerhaft"

Auch weitere Krankenkassen wollen ihre Beiträge zum Jahreswechsel teilweise kräftig erhöhen. Darunter sind auch große Ersatzkassen. Der Ärzteverband Virchowbund wertete die steigenden Beiträge als Beleg für das Scheitern der Reformpläne der Regierung.

Schmidt informierte auch das Bundeskabinett über ihre Stellungnahme zum Vorwurf einer milliardenschweren Mehrbelastung besonders für Bayern, Baden-Württemberg und Hessen durch die Gesundheitsreform. Demnach sei die entsprechende Studie "was die Tatsachenbasis angeht zum Teil fehlerhaft", sagte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm.

Rürup und Wille sollen Kosten untersuchen

Schmidt hatte die Sachverständigen Bert Rürup und Eberhard Wille mit einem neuen Gutachten zur Klärung der Sachlage beauftragt. Verfassungsbedenken gegen die Reformpläne, wie sie unter anderem der CDU-Politiker Friedrich Merz geäußert hatte, sollen laut Wilhelm von der Regierung geprüft werden.

Auch nach Berechnungen des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung sind die finanziellen Mehrbelastungen für Bayern und Baden-Württemberg durch die Gesundheitsreform weitaus geringer als bisher von den Ländern vermutet. Zweifel an der betreffenden Studie des Kieler Instituts für Mikrodaten-Analyse äußerte im ZDF auch der CSU-Gesundheitsexperte Wolfgang Zöller. (tso/AFP)

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