zum Hauptinhalt

Politik: Gewinner nach Punkten

Jürgen Rüttgers bleibt an der Spitze der NRW-CDU – sogar mit einem besseren Ergebnis als vor zwei Jahren

Diesen kleinen Blick zurück mag Jürgen Rüttgers beim Parteitag in Bochum nicht missen. Kurz nachdem Tagungspräsident Norbert Lammert verkündet hat, dass soeben 496 Delegierte für den alten und damit auch neuen Landesvorsitzenden der CDU im größten Bundesland Nordrhein-Westfalen gestimmt haben, erinnert Rüttgers an das eine oder andere Gerücht der vergangenen Tage. Da hatte er lesen müssen, dass es hinter den Kulissen Geraune über seinen Führungsstil gebe, hier und da gab es dunkle Andeutungen über ein möglicherweise nicht so gutes Ergebnis für den Düsseldorfer Oppositionsführer. „Sie haben dem eine klare Antwort gegeben“, ruft Rüttgers und schaut dabei demonstrativ zum CDU-Bundestagsfraktionsvize Friedrich Merz im Kreise seiner Delegierten aus dem Hochsauerland.

Obwohl Merz öffentlich immer wieder bestritt, dass er Ambitionen im Lande hegt, fiel sein Name auffällig oft, wenn es um die Zukunft der CDU an Rhein und Ruhr geht. Mehr als 80 Prozent der Delegierten stimmten jetzt für Rüttgers. Damit hat er das Ergebnis von vor zwei Jahren deutlich übertroffen.

Wie selbstverständlich hatte er zuvor auch schon seinen Anspruch auf die Spitzenkandidatur bei der Landtagswahl im Jahre 2005 angemeldet und die Delegierten darauf eingeschworen, mit ihm die Regierung des Sozialdemokraten Peer Steinbrück abzulösen. Alle Meinungsforschungsinstitute sehen die Union inzwischen auch an Rhein und Ruhr mit knapp 50 Prozent vor den Genossen, die nur noch auf wenig mehr als 30 Prozent geschätzt werden; deren NRW-Bonus der vergangenen Jahrzehnte scheint weitgehend aufgebraucht. Selbst im direkten Vergleich mit Steinbrück schneidet Rüttgers nicht schlecht ab: „Wenn heute der Ministerpräsident direkt gewählt würde“, freute sich Rüttgers, „dann läge der Oppositionsführer klar vor dem Regierungschef.“ Wenig später erinnert freilich sein neuer Generalsekretär an die Zeit vor der Landtagswahl 2000. Damals führte die Union in allen Umfragen, um bei der Wahl wegen der Parteispendenaffäre dramatisch abzustürzen.

So etwas soll nicht wieder passieren, obwohl natürlich auch Jürgen Rüttgers spürt, dass sich der Wind im Lande wieder drehen könnte. In der Irak-Frage liegt die CDU nicht auf einer Wellenlänge mit dem Volk, nicht einmal in der eigenen Partei stimmt eine Mehrheit der Mitglieder dem Kurs der Vorsitzenden Angela Merkel zu. Rüttgers stärkt ihr öffentlich dennoch den Rücken. „Ich kenne niemanden in der CDU, der diesen Krieg gewollt hat“, beginnt er seinen Vortrag und freut sich anschließend ausdrücklich dafür, dass die Vorsitzende auf seinen Kurs eingeschwenkt sei. „Nicht in uneingeschränkter, sondern in kritischer Solidarität zu Amerika“, fügt er hinzu. Seine neue Formel, die die Differenzen zu Merkel überdecken soll, bringt er auch in Bochum: „Wir haben heute nicht zu viel Amerika, sondern zu wenig Europa.“ Dies nimmt die Vorsitzende wenig später gerne auf und gibt sich zudem auch selbstkritisch. Natürlich hatte sie bemerkt, dass der Beifall eher matt war, als sie den Saal betrat. Doch nach ihrer Rede stehen die Delegierten auf und spenden ihr anhaltend Applaus: Basis-Test bestanden.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false