zum Hauptinhalt

Gipfeltreffen: G8 planen Getreide-Nothilfe

Die G8 wollen angesichts weltweit dramatisch gestiegener Preise für Nahrungsmittel eine Getreide-Notreserve für arme Staaten aufbauen. Kanzlerin Merkel sieht sogar die Sicherheit durch drohende Verteilungskämpfe bedroht.

Wie die japanische Tageszeitung "Asahi Shimbun" vor Beginn des G8-Gipfels an diesem Montag in Toyako berichtete, planen die führenden Industriestaaten (G8), im Bedarfsfall Getreide in die Märkte zu pumpen, um die Preise zu stabilisieren. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sieht in der Nahrungsmittelkrise in vielen Ländern eine Bedrohung der Sicherheit. Sie könnten Verteilungskonflikte provozieren.

Die Bundesregierung hatte in diesem Sinne an die Staats- und Regierungschefs aus den USA, Kanada, Japan, Russland, Frankreich, Großbritannien und Italien geschrieben. Bei Hungerrevolten waren in den vergangenen Monaten insgesamt mehrere Hundert Menschen ums Leben gekommen, so in mehreren afrikanischen Ländern.

Demokratien gefährdet

Nahrungsmangel und Konflikte könnten "die Demokratisierung gefährden, Staaten destabilisieren und sich zu internationalen Sicherheitsproblemen auswachsen", zitiert der "Spiegel" aus dem sechsseitigen Papier der Bundesregierung an die Partner. Nötig sei auch, für Staaten in Not Soforthilfen aufzustocken und ihnen einen schnellen Zugang zu Saatgut und Dünger zu geben. "Diese neuen Herausforderungen verlangen eine international abgestimmte Antwort", schrieb Merkel in einem Beitrag für den Tagesspiegel am Sonntag.

Die G8 kommen für drei Tage im Ferienort Toyako zusammen. Geladen sind auch führende Politiker aus Afrika, Asien und Lateinamerika. Offensichtlich schwebt der Gruppe der Acht eine Vorratshaltung von Getreide nach dem Beispiel vor, wie es die Internationale Energieagentur (IEA/Paris) mit Vorräten an Öl für Krisenzeiten betreibt. Laut dem Bericht haben derzeit nur Deutschland und Japan Überschüsse an Getreide. Laut dem Krisenplan soll jedes G8-Land einen Teil der Reserve vorhalten. Das Vorhaben soll angeblich in einer gesonderten Erklärung beim Gipfel festgeschrieben werden.

Arme Staaten trifft es am härtesten

In diesem Jahr hatten beispielsweise die Menschen auf Haiti den Regierungschef zum Rücktritt gezwungen, weil sie ihn für die rasant gestiegenen Lebensmittelpreise verantwortlich gemacht hatten. Hilfsorganisationen schätzen die Lage als prekär ein. Vor allem die dramatisch gestiegenen Ölpreise, andere Essgewohnheiten in Schwellenländern und die gewaltige Nachfrage nach Bio-Sprit aus Pflanzen machen für Hunderte Millionen Menschen das tägliche Essen immer teurer.

Die Hilfsorganisation Oxfam warnte am Sonntag davor, vor lauter Sorgen über die Weltwirtschaft die Hilfe für Afrika zu vergessen. Steigende Preise für Energie und Nahrung träfen die afrikanischen und andere arme Staaten am härtesten. Maßnahmen der G8 gegen die Armut seien "heute mehr denn je gefordert", sagte der Oxfam-Sprecher Takumo Yamada. Die G8 müssten endlich ihre Biosprit-Politik überdenken.

Weltbank-Präsident schlägt Alarm

Weltbank-Präsident Robert Zoellick, der auch in Toyako erwartet wird, hatte vor dem Gipfel Alarm geschlagen und die G8 um 10 Milliarden US-Dollar (6,3 Milliarden Euro) gebeten, um die ärgste Not zu lindern. Die Regierung in Berlin will in diesem Jahr nach eigenen Angaben 500 Millionen Euro für Entwicklungsländer bereitstellen. Dazu soll es Umschichtungen im Bundeshaushalt geben.

Angesichts der Rekordpreise von Grundnahrungsmitteln weltweit deutet sich ein Kurswechsel bei der Biokraftstoff-Förderung in der Europäischen Union an. Das zeichnete sich beim Treffen der EU-Umweltminister in Paris ab. Bisher will die EU einen Anteil von zehn Prozent erneuerbarer Energien im Verkehr bis 2020 ausschließlich durch Kraftstoffe aus Pflanzen gewinnen. Nun sollen auch Elektroautos zu diesem Ziel betragen. (dm/dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false