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Glos' Steuervorschläge: Profilierung und Kalkül

Wirtschaftsminister Glos hat mit seinem Vorschlag, die Lohn- und Einkommenssteuer zu senken, für Aufsehen gesorgt. Doch was verspricht sich das CSU-Schwergewicht mit seinem politischen Winkelzug?

Berlin - Eigentlich habe Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) gar nichts Neues gesagt. Und vor allem habe er sich mit seinen Äußerungen zu Steuersenkungen für Bürger im Rahmen der Koalitionsvereinbarungen von CDU/CSU und SPD bewegt: Zunächst müssen die Haushalte von Bund, Ländern und Gemeinden saniert und dann die Lohnzusatzkosten reduziert werden. Über die Legislaturperiode hinaus dürfen dann schon mal "Zukunftsperspektiven" entwickelt werden. Und wenn die bei Glos in Richtung Steuersenkungen gehen, dann sei dies eine "altbekannte" Position der Union, sagte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm.

Dass Glos mit seinen Äußerungen am Osterwochenende dennoch solch hohe Wellen schlug, mag damit zusammenhängen, dass es kaum andere Themen gab, aber auch damit, dass Altbekanntes in einer neuen Situation proklamiert wurde. Es war die rot-grüne Vorgängerregierung mit ihrem Finanzminister Hans Eichel (SPD), die trotz eines immensen Steuersenkungsprogramms für Wirtschaft und Bürger von insgesamt 60 Milliarden Euro kaum spürbare wirtschaftliche Erfolge einfuhr. Im Gegenteil: Eichel musste mit ansehen, wie die Konjunktur über vier seiner sieben Amtsjahre stagnierte. Der gesamtstaatliche Schuldenberg wuchs inzwischen in die Schwindel erregende Höhe von 1500 Milliarden Euro.

Aufschwung mildert Preissteigerung ab

In Kenntnis dieser Lage beschloss die Union - an der Macht in einer großen Koalition mit den Sozialdemokraten - eine der größten Steuererhöhungen in der Geschichte der Bundesrepublik, wie sie die FDP nicht müde wird zu beklagen. Der Anstieg trat vor dreieinhalb Monaten in Kraft. Zum Glück für die große Koalition setzte etwa parallel zu ihrem Amtsantritt eine konjunkturelle Erholungsphase ein, die - neben anderen Effekten - den heraufbeschworenen Rückschlag für die Wirtschaft durch die Erhöhung der Mehrwertsteuer von 16 auf 19 Prozent zum 1. Januar stark abmilderte.

Angesichts der lauter werdenden Klagen, der Aufschwung komme nicht im Geldbeutel der Bürger an (zuletzt vor Ostern in einer Umfrage des "Stern"), lag es nahe, nach den Unternehmen auch den Bürgern eine Steuerentlastung in Aussicht zu stellen. Für Glos hat das auf den ersten Blick mehrere Vorteile. Als die große Koalition die Steuererhöhung beschloss, hatte er noch erhebliche Probleme, sich in seinem neuen Amt zurechtzufinden. Erst mit Erfolgen in den Verhandlungen über das Sanierungskonzept des Luftfahrtkonzerns Airbus und beim Ausstieg aus der Steinkohlesubventionierung Anfang des Jahres konnte er sein Image aufbessern und in die Offensive gehen.

Positionierung in der CSU

Mit dem Steuer-Vorstoß versucht sich Glos offenbar auch in der eigenen Partei zu profilieren. Denn angenommen, der bayerische Wirtschaftsminister Erwin Huber wird wie erwartet Nachfolger von Edmund Stoiber als CSU-Chef, dann steht zu erwarten, dass dieser über kurz oder lang ins Bundeskabinett nach Berlin wechselt. Zwar ist Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer (CSU) der Herausforderer Hubers um den CSU-Vorsitz. Doch das Bundeswirtschaftsministerium scheint attraktiver für einen CSU-Vorsitzenden. Das hatte schon Stoiber deutlich gemacht, als er noch als Superminister nach Berlin kommen wollte. Und die SPD gerät nach der Familien- auch in der Steuerpolitik ein Stück weit in die Defensive.

Allerdings geht Glos auch ein Risiko ein. CDU und CSU könnten nach den Wahlen 2009 als die Parteien dastehen, die eine Steuersenkung versprachen, ohne dieses Versprechen halten zu können. Die wegen der günstigen Konjunktur sprudelnden Steuereinnahmen sind angesichts des Schuldenberges nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Zudem sind die Risiken für den Haushalt 2008 und die nachfolgenden Jahre ebenso beträchtlich wie die Begehrlichkeiten an den Finanzminister. Von daher wird die Bundeskanzlerin und CDU-Vorsitzende Angela Merkel den Vorstoß von Glos und vor allem die Reaktion des Bürgers aufmerksam beobachten. Allerdings sind es noch zwei Jahre bis zur nächsten Wahl - und der Bürger vergisst auch das eine oder andere. (Von Ruppert Mayr, dpa)

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