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Darf wieder segeln. Die Gorch Fock soll weiter die Meere befahren. Das Bild zeigt das Schiff bei einer früheren Fahrt im Hafen von Saint-Malo in Frankreich.

© dapd

Neues Konzept, neuer Kapitän: Gorch Fock bleibt als Ausbildungsschiff im Einsatz

Ab wann und mit welchen Veränderungen dies geschehen werde, ist noch nicht klar. Der Bericht einer unabhängigen Kommission empfiehlt, sich in Zukunft auf die Kernaufgabe des Schiffs zu konzentrieren.

Von Michael Schmidt

Die Gorch Fock, derzeit im Kieler Tirpitzhafen liegend, wird wieder in See stechen: mit neuem Ausbildungskonzept, neuem Kapitän und alter Aufgabe. Die Zukunft des Dreimasters war nach dem tödlichen Unfall einer Kadettin infrage gestellt worden. Seit Freitag aber steht endgültig fest, dass das Schiff wieder auslaufen wird – und mehr noch: Sie wird das tun wie bisher, stellte Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) klar, nämlich als Segelschulschiff für die Marine.

Ab wann und mit welchen Veränderungen dies geschehen werde, das sollten nun Generalinspekteur Volker Wieker und die Marineführung festlegen, erklärte de Maizière. Zunächst gelte es, den Bericht auszuwerten, den eine unabhängige Kommission am Freitag in Berlin vorlegte. Das Expertengremium unter Leitung des Militärhistorikers Reiner Pommerin war eingesetzt worden, nachdem im November vergangenen Jahres eine 25-jährige Offiziersanwärterin auf der Gorch Fock bei einer Segelübung aus 27 Metern Höhe von einem Mast gestürzt und an den Folgen ihrer Verletzungen gestorben war. Der Unfall löste eine heftige Debatte über die Zustände auf dem Schiff und die Zukunft der dortigen Ausbildung aus – die Rede war von Schikane, sexueller Belästigung und Ekelritualen. Ein Ende Juni vorgelegtes Gutachten über die Vorkommnisse stellte dann Berichten zufolge zumindest gravierende Mängel bei der Dienstaufsicht fest.

Zunächst also solle der Pommerin-Bericht, der ebenfalls eine Fortführung der Ausbildung auf der Gorch Fock empfiehlt, weiter ausgewertet werden, erklärte de Maizière. Er werde dabei auch mit den internen Überlegungen zur zukünftigen seemännischen Ausbildung abgeglichen. Der Bericht, der die Erfahrungen der seemännischen Basisausbildung auf Segelschulschiffen anderer Nationen einbezieht, enthält eine Reihe von konkreten Forderungen, etwa zur Sicherung an Bord und in der Takelage, zur Verlängerung der Vorsegelausbildung und Ausbildungszeit an Bord, zur Erhöhung der körperlichen Fitness der Offizieranwärter sowie Fragen der Auswahl und Ausbildung der Stammbesatzung.

Übergreifendes Ziel der Empfehlungen sei „die Verbesserung der Sicherheit im umfassendsten Sinne des Wortes“, sagte Pommerin dem Tagesspiegel. Die entscheidende Botschaft sei die Forderung nach der Konzentration auf „die Kernaufgabe der Gorch Fock“: die Basisausbildung von Offiziers- und Unteroffiziersanwärtern im seemännischen Dienst.

Der Dreimaster, Stolz und bisher Aushängeschild der Marine, sei „kein Schiff für Segelregatten oder den diplomatischen Dienst“, sagte Pommerin. Es gehe nicht darum, „zu demonstrieren, wie schön das Segeln ist, oder zu überlegen, welcher Hafen als Nächstes angelaufen werden soll, um irgendeines Botschafters Wünsche zu erfüllen“. Vielmehr seien er und seine Kollegen im Gremium zu der Überzeugung gekommen, dass auch zu Beginn des 21. Jahrhunderts die Ausbildung an Bord eines altgedienten Segelschulschiffs „höchst sinnvoll“ sei. Der Blick über den nationalen Horizont hinaus habe ihnen gezeigt, dass die meisten Seestreitkräfte der Welt es so hielten – wer kein Segelschulschiff habe, der leihe sich eines, „selbst in der Handelsschifffahrt“. Zur Begründung verwies Pommerin auf die „besonderen Bedingungen“ an Bord der Dreimastbark, die besondere Fähigkeiten fordere und fördere: Teamtauglichkeit, Kameradschaft und vor allem den „Umgang mit dem Element See“. Wind, Wetter und Wasser an Bord eines Segelschiffes zu erleben und beherrschen zu müssen sei „einfach nicht vergleichbar“ mit dem Erleben der Elemente auf einer modernen Fregatte, „hinter einer Glasscheibe stehend“.

Mehr Sicherheit. Nach dem Tod einer Kadettin empfiehlt die Expertenkommission neue Regeln für die Ausbildung in der Takelage.
Mehr Sicherheit. Nach dem Tod einer Kadettin empfiehlt die Expertenkommission neue Regeln für die Ausbildung in der Takelage.

© dapd

SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold erkennt in der Causa Gorch Fock ein wiederkehrendes Muster: Das Militär, sagt Arnold, neige dazu, Probleme erst einmal „weich zu zeichnen“ – am Ende aber „bestätigt sich jedes Mal, was am Anfang befürchtet wurde“. Grundsätzlich aber begrüßte der SPD-Politiker, dass inzwischen aufgrund verschiedener Untersuchungsberichte „die Probleme benannt und damit die Voraussetzungen geschaffen sind, um erkannte Fehler zu beheben“.

Mit dem Tod der Kadettin haben sich bereits zwei Marinekommissionen und die Staatsanwaltschaft Kiel befasst. Die Staatsanwaltschaft stellte ihr Ermittlungsverfahren vor einem Monat mit der Begründung ein, für eine fahrlässige Tötung der 25-Jährigen lägen nicht genug Anhaltspunkte vor. Die Mutter der verunglückten Soldatin hatte Strafanzeige erstattet. Das Ministerium kritisierte allerdings Ausbildungsmängel und Fehlverhalten der Schiffsführung.

Kommandant Norbert Schatz, der Anfang des Jahres zunächst abgesetzt worden war, wird nicht auf das Schiff zurückkehren – laut Ministeriumsbericht auf eigenen Wunsch.

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