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Brown

© dpa

Großbritannien: Der Niederlage knapp entgangen

Gordon Brown kann durchatmen: Großbritanniens Premier gewinnt die Abstimmung über das Terrorismusgesetz mit zehn Stimmen Vorsprung.

Großbritanniens Premier Gordon Brown hat die inoffizielle Vertrauensabstimmung über das neue Terrorismusgesetz mit knappster Mehrheit gewonnen. Doch musste er eine demütigende Hinterbankrevolte hinnehmen. Das Ergebnis von 315 Ja gegen 305 Nein Stimmen bedeutet, dass er einer Niederlage nur mit Hilfe der nordirischen Demokratischen Unionisten entging, die normalerweise mit den Konservativen stimmen.

„Dies ist das denkbar schlechteste Ergebnis für Brown. Das Land wird sehr negativ darauf reagieren, dass er sich auf die Iren verlassen musste“, sagte der Labour-Linke Bob Marshall-Andrews. Die Regierung verhandelte in mehreren Kontakten mit der nordirischen Unionistenpartei (DUP), deren Abgeordnete in der Debatte nicht sprachen. „Unsere Entscheidung beruht auf dem, was am besten für das Vereinigte Königreich ist. Es ging uns nicht darum, jemand zu stürzen oder jemandem die Haut zu retten“, sagte der DUP-Abgeordnete William McRae. Während er betonte, es habe „absolut keine Konzessionen“ gegeben, hieß es aus DUP-Kreisen, die Partei sei mit einer „langen Einkaufsliste“ in die Verhandlungen gegangen.

Das umstrittene Gesetz gibt dem Innenminister ein Sonderrecht, Tatverdächtige in Terrorismusfällen bis 42 Tage ohne Anklageerhebung in Haft zu halten. Als Sicherungsmaßnahme soll das Parlament im Einzelfall über die Verlängerung der Haftfrist von derzeit maximal 28 Tagen abstimmen. „Dies verwandelt das Parlament in einen Gerichtshof. Es bricht mit allen britischen Rechtstraditionen und ist völlig undurchführbar“, sagte der ehemalige Labourminister Tony Benn, das Gewissen der Labour-Linken. Nick Clegg, Parteichef der Liberaldemokraten prophezeite das Scheitern der Maßnahmen im Oberhaus. „Dann wird der europäische Gerichtshof es für rechtswidrig erklären“.

Nach Meinung seiner Kritiker orchestrierte der im Land und in seiner Partei zunehmend ungeliebte Brown die Abstimmung, um sich wieder Autorität zu verschaffen und sich als prinzipientreuer Politiker zu präsentieren. „Wir treiben Schindluder mit unseren Gesetzen, nur um eines kurzfristigen politischen Vorteils willen“, warnte die Labour–Linke Diana Abbott.

Brown zitierte eine Meinungsumfrage, nach der 60 Prozent der Briten die Gesetzesverschärfung befürworten. „Das britische Volk wird keinem Politiker vergeben, der Gräueltaten zulässt, weil unsere Haftbestimmungen nicht ausreichend sind“. Tory Chef David Cameron antwortete: „Wir müssen nicht tun, was populär ist, sondern was richtig ist“. Er nannte das Gesetz „drakonisch und inkompetent gleichzeitig“.

Der Labourrebell Frank Dobson, sagte aus Opportunismus werde der seit 1215 in der Magna Charta gesicherte Schutz vor willkürlicher Verhaftung geopfert. „Wir besorgen die Arbeit der Terroristen selbst“, so der Tory Parlamentarier John Baron. Nicht nur mit der DUP wurde um Stimmen gefeilscht. Abbott deutete in ihrer Parlamentsrede an, Premier Brown habe zum ersten Mal in 20 Jahren mit ihr gesprochen. Anderen sollen „Sir“-Titel und Wahlkreisbesuche angeboten worden sein. Einer linken Gruppe wurde offenbar versprochen, dass die Regierung ihre Haltung zu Sanktionen gegen Kuba ändert. „Ist es richtig, dass wir unsere Bürgerechte wie im Bazar verhandeln?“, fragte Abbott .

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