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Politik: GROSSBRITANNIEN

Schattenexistenz im Internet.

Das von Millionen gesehene Youtube-Video „My tram experience“, in dem ein Straßenbahnpassagier in Croydon den rassistischen Ausbruch einer jungen weißen Frau filmte, hat England entsetzt. Mit ihrem Baby auf dem Schoß beschimpft die Frau Polen und Schwarze und ruft: „Keiner von euch ist fucking English, Britannien ist nichts mehr!“ Als Reaktion ging eine Solidaritätswelle für das multiethnische moderne Großbritannien durch das Land. Die Frau wurde wegen Rassenhass und Störung der öffentlichen Ordnung verhaftet.

Dem norwegischen Massenmörder Anders Breivik wurden auch Verbindungen zur britischen Rechtsextremisten-Szene nachgesagt. Aber während solche Gruppen sogar im traditionell liberalen Skandinavien Fuß gefasst haben, kommen sie in England über ihre Schattenexistenz im Internet kaum hinaus. Die rechtsextreme British National Front hat so viele Mitglieder verloren, dass sie praktisch bankrott ist. Die English Defence League, die sich als „Toleranzorganisation“ gegen muslimische „Intoleranz“ positionierte und sogar Gruppen für Schwule und Schwarze hatte, hat seit Oslo den Großteil ihrer Internetgefolgschaft verloren. Von rechtsextremem Terror kann in Großbritannien keine Rede sein. Verantwortlich dafür ist unter anderem das Wahlsystem, das Splitterparteien kaum Chancen lässt. Aber alle Parteien sprechen sich auch mehr oder weniger deutlich für eine Immigrationsbremse aus, selbst Einwanderer und deren Nachkommen sehen das ähnlich. Denn Großbritannien wächst am schnellsten in Europa.

Eine Volksinitiative für eine Begrenzung der Bevölkerung auf 70 Millionen erreichte diese Woche 100 000 Unterschriften. Sie muss nun im Unterhaus debattiert werden. Matthias Thibaut

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