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Große Koalition: Streit über Etat 2006

Nur wenige Tage nach der Koalitionsvereinbarung sorgen der Umgang mit dem Bundeshaushalt 2006 und die mögliche Rekord-Neuverschuldung für heftigen Zündstoff zwischen Union und SPD.

Berlin - Der künftige Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) und die SPD wollen die hohe Neuverschuldung mit der Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts begründen und mit dieser Ausnahmeregelung die Vorgaben der Verfassung einhalten. Die Union lehnt dies ab und spricht von einem verfassungswidrigen Etat 2006 als Erblast von Rot-Grün.

Finanzexperte Michael Meister (CDU) sagte am Mittwoch: «Es ist ganz klar, dass wir den verfassungswidrigen Haushalt 2006 als Abschlussbilanz von Rot-Grün verstehen.» Steinbrück wies dies energisch zurück. Er bekräftigte, dass die neue Regierung für 2006 «selbstverständlich» einen Haushaltsentwurf vorlegen werde, der den Anforderungen des Grundgesetzes entspreche. Eine zu hohe Neuverschuldung sei zur Ankurbelung der Konjunktur und zur Abwehr eines gesamtwirtschaftlichen Ungleichgewichtes notwendig.

Die neue Bundesregierung will 2006 nach bisherigen Plänen einen Haushalt vorlegen, der 41 Milliarden Euro Neuverschuldung und nur 23 Milliarden Investitionen vorsieht. Laut Grundgesetz dürfen Kredite die Investitionen nicht übersteigen. Eine höhere Neuverschuldung ist nur zur Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts zulässig. Dies hatte es mehrfach gegeben. Noch-Finanzminister Hans Eichel (SPD) etwa berief sich seit 2002 darauf.

Steinbrück sagte der «Süddeutschen Zeitung»: «Wir haben es mit einem Spagat zu tun zwischen Haushaltskonsolidierung und wachstumsfördernden Maßnahmen» Die Koalition nehme Rücksicht auf das Wachstum und könne 2006 die Kreditgrenze des Grundgesetzes nicht einhalten. Die Verfassung lasse aber eine höhere Neuverschuldung zu, um ein gesamtwirtschaftliches Ungleichgewicht abzuwehren. Eichel erklärte, die mögliche Überschreitung der Kreditgrenze habe in keiner Weise etwas mit einer Erblast der Finanzpolitik von Rot-Grün zu tun.

Koalitionsunterhändler der Union hatten bereits am Dienstag von einem Positionswechsel der SPD gesprochen. Vereinbart sei gewesen, das Vorgehen nicht mit der Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts zu begründen. Meister sagte dem «Tagesspiegel»: «Es ist objektiv unmöglich, für das Jahr 2006 einen verfassungsgemäßen Haushalt aufzustellen.» Hierauf habe sich die Koalition verständigt. «Wir wollen nicht tricksen», sagte Unions-Haushälter Steffen Kampeter (CDU) der Donnerstagausgabe des Blattes. In der Wochenzeitung «Rheinischen Merkur» sagte Meister, nicht die beabsichtigte Verfassungsverletzung sei der Skandal, sondern das Erbe von Rot-Grün.

Nach den Worten von SPD-Fraktionsvize Joachim Poß, der an den Verhandlungen teilgenommen hatte, steht die Verbindlichkeit des Haushaltsverfassungsrechts außerhalb jeder Diskussion. «Herr Meister sollte nicht versuchen, die Legende von einer verfassungswidrigen Abschlussbilanz von Rot-Grün zu stricken. Das ist schlechter Stil.» (tso/dpa)

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