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Foto: Lukas Barth/dapd

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Politik: Grün für fast alle

Der Entwurf des Wahlprogramms liegt vor. Klar ist die Festlegung auf Rot-Grün – inhaltlich befürchten einige einen Ruck nach links.

Von Sabine Beikler

Berlin - Die Grünen wollen es jedem recht machen und bieten ein Wahlprogramm für „Idealisten“, für „Realisten“ und für „Zweifler“ an. So steht es in dem 150-seitigen internen Entwurf mit dem Titel „Es ist an der Zeit. Teilhaben. Einmischen. Zukunft schaffen“, der dem Tagesspiegel vorliegt. Und den „Wandel zum Besseren“ will die Partei mit der SPD in einer Regierungskoalition schaffen.

Auch der bayerische Grünen-Parteichef Dieter Janecek, der Gespräche mit der CDU nicht kategorisch ablehnt, kann mit dem Bekenntnis zu Rot-Grün leben. „Eine Koalitionsaussage im Wahlprogramm ist zwar nicht notwendig. Aber Rot-Grün als Wunschbündnis unterstütze ich“, sagte er dem Tagesspiegel. Janecek hatte nach der Niedersachsen-Wahl die starre Bindung an die SPD kritisiert und gefordert, dass die Partei sich in alle Richtungen öffnen solle. Damit hatte er Parteifreunde gegen sich aufgebracht – auch aus dem eigenen Realo-Lager. Zurzeit ist der Parteifriede wiederhergestellt, offene Flügelkämpfe gibt es nicht. Aber Diskussionen über den Programmentwurf sind zu erwarten. 18 Themenfelder sind aufgeführt, programmatisch umstritten ist bereits die Steuer- und Finanzpolitik. „Da sind wir sehr nach links gedriftet“, sagt ein Spitzenmann vom Realo-Flügel und fordert Nachbesserungen.

In der Steuerpolitik soll der Grundfreibetrag auf 8700 Euro angehoben werden, was Geringverdienern zugute kommen soll. Bei einem zu versteuerndem Einkommen von 60 000 Euro soll laut Entwurf der Spitzensteuersatz auf 45 Prozent steigen, um dann bei 80 000 Euro bei 49 Prozent zu liegen. Die „einmalige und zeitlich befristete“ Vermögensabgabe soll über mehrere Jahre hinweg rund 100 Milliarden Euro einbringen und weniger als ein Prozent der Bevölkerung mit einem Nettovermögen von mehr als einer Million Euro treffen. Und durch das „Abschmelzen ökologisch schädlicher Subventionen“ wie Dienstwagenbesteuerung oder Ausnahmen bei der Ökosteuer sollen weitere 7,5 Milliarden Euro in die Kassen fließen.

Laut Entwurf sollen Finanzmärkte „an die Leine“ genommen werden. Die Grünen fordern „volle Transparenz bei Finanzprodukten über Preise, Gebühren, Werthaltigkeit und ökologische Auswirkungen“. Sie wollen eine „Renaissance der Wettbewerbspolitik“ durch „Schuldenbremsen für Banken, Haftungsregeln und regulierte Handelsplätze“. Banken sollen mindestens drei Prozent Eigenkapital im Verhältnis zum Geschäftsvolumen vorhalten, bis zum Jahr 2025 sollen es fünf Prozent sein.

Die Partei setzt auf Umverteilung zugunsten kleinerer Einkommen und stärkerer Belastung von „Spitzenverdienern“ und hebt ihre Positionierung als Wertepartei hervor. Ministerpräsident Winfried Kretschmann, die Spitzenkandidaten Jürgen Trittin und Katrin Göring-Eckardt „stehen dafür ein: Realismus und Weitsicht verankert in klaren Werten“, so der Wortlaut im Entwurf. Das Papier wird Anfang kommender Woche zunächst von Bundes- und Landesvorständen diskutiert. Dann wird der Bundesvorstand im Februar einen weiteren Entwurf vorlegen. Ende April soll das Programm auf einem Parteitag verabschiedet werden soll. Am 8. und 9. Juni soll die Basis per Mitgliederentscheid die wichtigsten zehn politischen Projekte für den Wahlkampf bestimmen. Sabine Beikler

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