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Politik: Grüne wegen Kosovo-Krieg im Zwiespalt

BONN .Die Bündnisgrünen stehen angesichts der Eskalation des Kosovo-Krieges in einem tiefen Zwiespalt und unter ständig steigender Spannung.

BONN .Die Bündnisgrünen stehen angesichts der Eskalation des Kosovo-Krieges in einem tiefen Zwiespalt und unter ständig steigender Spannung.Die Partei will nach den Worten von Vorstandssprecherin Antje Radcke die Luftangriffe der NATO nicht endlos akzeptieren.Sie sei nicht bereit, die Verantwortung für eine "Kriegsspirale" zu tragen; die Grünen könnten sich "der Logik einer militärischen Eskalation nicht anschließen".Dagegen wollte der Außenpolitiker Helmut Lippelt eine Konfrontation auch mit Bodentruppen auf Dauer nicht ausschließen.Zwar wollten die Grünen keine Verwicklung in Kämpfe zu Lande."Ich spreche nicht dafür, daß die Bundeswehr jetzt einrücken muß", sagte Lippelt am Dienstag.Allerdings glaube er, daß "wir dem Druck nicht mehr lange standhalten können, wenn das ganze Kosovo in Flammen steht".

Das Dilemma in der derzeitigen Situation beinhaltet für Vorstandssprecherin Radcke nicht die Gefahr der Spaltung der Bündnisgrünen.Allerdings nehme sie "sehr ernst, was derzeit in der Partei passiert"; die Spaltung gehe "durch viele einzelne Menschen in der Partei hindurch".Schließlich hätten die Bündnisgrünen in Regierungsverantwortung, "ohne es selbst richtig verantworten zu können", die Entscheidung zu den NATO-Luftangriffen mittragen müssen.

"Irgendwann aber muß der Punkt sein, wo man sagt, jetzt ist Schluß", sagte die Vorstandssprecherin im Deutschlandradio Berlin.Aber wann dieser Punkt erreicht sein könne, ließ sie offen.Ihr sei alles lieb, was diesen Krieg beende.Jetzt müsse angesichts der Massaker im Kosovo die Frage gestellt werden: "Welches Ziel gibt es noch; und gibt es überhaupt noch ein Ziel, das wir erreichen können?" Wenn diese Frage verneint werden müßte, dann heiße die Konsequenz: "Aussteigen."

In einer vom Bundesvorstand der Grünen am Montag abend verabschiedeten Erklärung war bereits die Rede davon gewesen, daß sich die Lage nach der NATO-Intervention "nicht zum Positiven, sondern zum Negativen verändert" habe.Die Angriffe hätten die ethnischen Säuberungen nicht verhindern können; die Zahl der Flüchtlinge steige stündlich.In der Erklärung hieß es schließlich, "damit steigt in unserer Partei wie in der Bevölkerung insgesamt die Skepsis gegenüber dem Vorhaben, auf militärischem Weg politische Lösungen zu erzwingen".

Nach dieser Vorstandssitzung und den anschließenden Berichten über sich ausweitende Massaker zeigte sich der Abgeordnete Lippelt am Dienstag "hilflos" in seiner Analyse der Lage.Angesichts einer "marodierenden Soldateska und Mörderbanden" glaube er, daß jetzt direkt gehandelt werden müsse.Er gehöre nicht zu jenen, "die Truppen vorantreiben", aber der Bundestag müsse sich bereithalten, die sehr schwierige Situation zu beraten.Deshalb dürfe das Parlament jetzt nicht in die Osterferien gehen.Die Abgeordneten müßten wissen, "daß sie gegenüber einem Inferno bereit sein müssen".

KLAUS J.SCHWEHN

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