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Politik: Grünen-Experte fordert City-Maut

Pkw-Gebühr wie in London / SPD nennt Vorschlag zurzeit überflüssig – und verweist auf Desaster mit Toll Collect

Von Hans Monath

Berlin/Hamburg. Die Forderung der Grünen nach einer Pkw-Maut für Innenstädte ist beim Koalitionspartner SPD und bei der Union auf Ablehnung gestoßen. Der verkehrspolitische Sprecher der Union, Dirk Fischer, wies die Idee als schädlich zurück. „Das wäre ein Beitrag zur weiteren Verödung der Innenstädte, die wir unbedingt verhindern wollen“, sagte er. Durch die Einführung von Parkraum-Leitsystemen und den Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs hätten viele Städte schon Möglichkeiten zur Steuerung des Verkehrs im City-Bereich geschaffen. Der neue Vorschlag gefährde den Einzelhandel in den Innenstädten und fördere am Stadtrand gelegene Shopping-Center mit kostenlosen Parkplätzen. „Es ist typisch für die Grünen, dass für sie der Autofahrer nur als Melkkuh der Nation interessant ist“, kritisierte Fischer.

Der SPD-Verkehrsexperte Peter Danckert wandte sich ebenfalls gegen den Vorstoß. „Ich finde das einen zurzeit völlig überflüssigen Vorschlag“, sagte der Bundestagsabgeordnete. Die Verkehrspolitik solle sich nicht auf Nebenschauplätzen verzetteln, sondern darauf konzentrieren, die Lkw-Maut umzusetzen – für die derzeit das Konsortium Toll Collect zuständig ist. Die Grünen orientieren sich am Modell London, wo Autofahrer nur gegen eine Gebühr in die Innenstadt fahren dürfen. „In London ist die City-Maut ein großer Erfolg, das beweisen die Zahlen“, sagte der verkehrspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Albert Schmidt, der „Bild am Sonntag“. Großstädte in Deutschland mit hohem Verkehrsaufkommen sollten prüfen, ob sie ein entsprechendes System einführen wollten. Für Schmidt wäre eine City-Maut eine Möglichkeit, Geld in leere Stadtkassen zu bekommen.

Dort ist aber eine solche City-Maut offenbar kein Thema. Sogar in der finanzschwachen Hauptstadt winkt die Stadtentwicklungsbehörde von Senator Peter Strieder (SPD) ab. Allein um für die Kommune mehr Geld einzunehmen, halte man eine solche Gebühr für ungeeignet, sagt eine Sprecherin. Um die Maut einzuführen, brauche es entsprechenden verkehrstechnischen Druck. In Berlin sei der, anders als in anderen Großstädten, nicht gegeben. Um den Verkehr zu steuern, wird auf die so genannte Parkraumbewirtschaftung, sprich Parkgebühren, zurückgegriffen. Der Verkehrsexperte der Berliner Grünen, Michael Cramer, plädiert hier für Angleichung von Fahrpreisen im öffentlichen Nahverkehr und Parkgebühren. Cramer hält eine City-Maut für sinnvoll. In Berlin aber sollte seiner Ansicht nach zunächst das bestehende System verbessert werden.

Im Hamburger Wahlkampf wollen selbst die Grünen das heiße Eisen nicht anfassen: In der Stadt, in der sich der Verkehr mit einem Durchschnittstempo von 28 Kilometer pro Stunde bewegt, lehnte eine Mitgliederversammlung einen Antrag für eine City-Maut ab. Lediglich umfangreichere Parkgebühren, mehr Tempo-30-Zonen und eine Lkw-Maut für schwere Laster wurden befürwortet. In den 90er Jahren dagegen waren City-Visum, Road-Pricing und Nahverkehrsabgabe ein Thema in der Hansestadt. „So könnte man die Kosten des Autoverkehrs dem einzelnen Fahrer anlasten“, sagte Verkehrsexperte Martin Schmidt (GAL). Im Gespräch war etwa eine Vignette, die zum Preis einer Monatskarte des Hamburger Verkehrsverbundes erworben wird und alternativ für Bahn- und Busfahrt in die City genutzt werden kann. Die Handelskammer regte eine „Parksteuer“ von 300 Mark für Autos in belasteten Stadtgebieten an.

Ein Sprecher des Automobilclubs von Deutschland bezeichnete die City-Maut als „völligen Schmarrn“ und „herrlich unsoziales Projekt“. Sie würde dazu führen, dass die Innenstädte „noch mehr aussterben“. „Intelligente Parkleitsysteme“ und ein besser ausgebauter Personennahverkehr reichten für die Verkehrssteuerung aus. Ein Sprecher des ADAC sagte, zum jetzigen Zeitpunkt bestehe kein Handlungsbedarf für eine City-Maut. Nach einer Umfrage des Auto Club Europa konnte sich 2003 eine Mehrheit der Autofahrer eine Maut als Lösung gegen Stau in den Innenstädten zumindest vorstellen.

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