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Der futuristische Inkubator, in dem die Start-ups sitzen. Szene aus "Bad Banks".

© ZDF und Letterbox Filmproduktion

Grüner Kapitalismus: Klimarisko als Finanzrisiko

Wenn Banken auf Umweltschutz setzen, wird es für Aktivisten heikel. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Max Tholl

Eine skrupellose Großbank krallt sich ein junges, von Idealisten geführtes Start-up, das nachhaltige Investitionen fördert. Die Fronten verhärten sich schnell, die Habgier der Heuschreckenbänker trifft auf das Ethos der jungen Weltverbesserer, die den Ausverkauf der eigenen Werte befürchten.

So begann Ende Januar die zweite Staffel der deutsch-luxemburgischen TV-Serie „Bad Banks“. Viel Imagination brauchten die Drehbuchschreiber nicht. Sie erzählen vom alten Konflikt zwischen Ökonomie und Ökologie, zwischen Profitversessenheit und Weltverbessertum.

Doch dieser ideologische Grabenkampf erlebt derzeit einen Wandel: Die „Bad Banks“ wollen weg von ihrem Image und nutzen dazu den grünen Zeitgeist.

Natürlich hat die Finanzwelt ihr ökologisches Gewissen nicht gerade eben erst entdeckt, doch es bestimmt mittlerweile das Handeln an den globalen Märkten stärker. Beim Davoser Weltwirtschaftsforum stand das Thema Klimawandel an vorderster Stelle, und CEOs von Unternehmen wie Apple, Amazon oder Boeing schworen öffentlich dem Shareholder Value als oberster Maxime ab.

Das Angebot an nachhaltigen und klimafreundlichen Finanzprodukten steigt unentwegt, während fast ein Drittel des gesamten Bankensektors sich im vergangenen September freiwillig dazu verpflichtet hat, ihre Investitionsgeschäfte zukünftig mit den Zielen des Pariser Klimaabkommens in Einklang bringen.

Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen

Die Europäische Investitionsbank will sogar ab 2021 aus der Finanzierung fossiler Brennstoffe aussteigen und zu Europas Klimabank werden.

Der Mentalitätswechsel ist begrüßenswert. Die Klimarettung braucht neben öffentlichen Geldern die Unterstützung der Finanzbranche, die ja keinen geringen Anteil am Ausmaß des Problems hat. Aber ein wenig befremdlich wirkt es doch – ausgerechnet die Banken als Alliierte der Klimabewegung?

Braucht die das Feindbild Raubtierkapitalismus nicht zur Mobilisierung? Noch verweigert die Klimafront den Schulterschluss, misstraut den Absichten der Banken und Unternehmen, denen es um wirtschaftliches Eigeninteresse statt moralischer Verpflichtung fürs Gemeinwohl gehe.

Distanz und Zusammenarbeit

Dem Klima dürfte die Motivationsfrage egal sein, doch die Klimabewegung muss eine Balance finden zwischen kritischer Distanz und pragmatischer Zusammenarbeit mit der Finanzwelt. Sie darf sich nicht einlullen lassen, wenn Klimasünder wie Siemens mit Aufsichtsratsposten locken, und muss ebenso anerkennen, dass Frontalopposition wenig dienlich ist.

Mitte Januar schrieb Larry Fink, CEO des weltgrößten Vermögensverwalters Blackrock, in einem Brief an die Kunden des Unternehmens, dass man am Rand einer fundamentalen Neugestaltung des Finanzwesens stehe.

Das Klimarisiko sei auch ein Finanzrisiko, so Fink, der ankündigte, Blackrock wolle sich von Aktien großer Kohleförderer trennen und zukünftig Vorständen die Zustimmung verweigern, wenn die keine signifikanten Fortschritte beim Klimaschutz erzielen.

Too big to fail

Fink weiß, genau wie viele andere CEOs, dass das Klima „too big to fail“ ist, dass die Konsequenzen des Klimawandels Risiken darstellen, die das gesamte Finanzsystem ins Wanken bringen könnten. In einem Interview machte Fink auch unmissverständlich klar, dass er den Brief nicht als Umweltschützer verfasst hat, sondern als Kapitalist.

Klimaaktivisten reagierten mit „Greenwashing“-Vorwürfen auf Finks Ankündigungen. Die Umweltschutzgruppe Extinction Rebellion etwa beklagte, dass es manchmal besser sei, nichts zu tun, als etwas, das von der Wahrheit ablenkt – und die sei, dass Finks Worte keinen Klimasünder um den Schlaf bringen würden.

Das Problem seien „schwammige Mindeststandards“ und eine Nachhaltigkeits-Definition, die jeder nach Belieben auslegen könne, sagte Thomas Küchenmeister, Vorstand der NGO Facing Finance, der „Zeit“.

Die grüne Taxonomie, die Anfang des Jahres vom EU-Parlament beschlossen wurde und ab 2022 festlegen soll, welche Finanzprodukte tatsächlich nachhaltig sind, ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer wahren Neugestaltung des Finanzwesen. Ein grüner Kapitalismus muss nicht zwangsläufig heuchlerisch oder verlogen sein. Er kann von Überlebenswillen zeugen.

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