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Politik: Grundsatzrede: Prodi warnt vor einer Zersplitterung der Europäischen Union

Der Präsident der EU-Kommission, Romano Prodi, wehrt sich gegen die schleichende Entmachtung der EU-Kommission durch die Regierungen. In einer mit viel Beifall bedachten Grundsatzrede vor dem Europäischen Parlament in Straßburg warnte der Präsident der EU-Kommission vor einer Zersplitterung der Europäischen Union, die bei Umgehung der Brüsseler Entscheidungsverfahren drohen könnte.

Der Präsident der EU-Kommission, Romano Prodi, wehrt sich gegen die schleichende Entmachtung der EU-Kommission durch die Regierungen. In einer mit viel Beifall bedachten Grundsatzrede vor dem Europäischen Parlament in Straßburg warnte der Präsident der EU-Kommission vor einer Zersplitterung der Europäischen Union, die bei Umgehung der Brüsseler Entscheidungsverfahren drohen könnte.

"Eine Stärkung der direkten Regierungszusammenarbeit auf Kosten der EU-Institutionen würde die Demokratie in der EU schwächen und wäre ein gewaltiger Rückschritt", sagte Prodi am Dienstag in Straßburg. Der Kommissionspräsident wandte sich in seiner Grundsatzrede, mit der er auf die europäischen Zukunftsvisionen von Bundesaußenminister Joschka Fischer und von Frankreichs Staatspräsident Chirac antwortete, mit ungewöhnlicher Entschiedenheit gegen die Tendenz der EU-Mitgliedstaaten, immer mehr im kleinen Kreis und ohne die Brüsseler Kommission Entscheidungen zu treffen. Wenn sich die europäische Politik in der direkten Zusammenarbeit der einzelnen Regierungen abspiele, dann entziehe sie sich der demokratischen Kontrolle des Europaparlaments und des Europäischen Gerichtshofs. "Das wäre dann wirklich eine Regierung von Bürokraten", warnte Prodi.

Aus diesem Grund könne auch die Ernennung des Hohen Vertreters für die EU-Außen- und Sicherheitspolitik durch die Regierungen nur eine Übergangslösung darstellen, sagte Prodi. Javier Solana, der ehemalige Nato-Generalsekretär, habe dieses Amt zwar mit "außerordentlichem und bewunderswertem Engagement" übernommen. Das Organisationsmodell außerhalb der Gemeinschaftsverfahren sei jedoch "in Zukunft nicht haltbar". Der Vertreter der EU-Außenpolitik müsse künftig wieder in die EU-Kommission und damit in die institutionelle Struktur der Gemeinschaft eingebunden werden. Anstatt - wie von Chirac vorgeschlagen - neue, von den Regierungen kontrollierte Sekretariate und widerstreitende Machtzentren zu schaffen, sollten die 15 nach der Überzeugung Prodis und auch des Europaparlaments wieder mehr auf das Gleichgewicht der vorhandenen EU-Insitutionen setzen. "Die EU-Kommission ist das Organ, bei dem alle Gegensätze und Interessen der Mitgliedstaaten zusammenlaufen," sagte Prodi. Wer die Kommission schwäche, schwäche die Gemeinschaft. Prodis Grundsatzrede wurde im Straßburger Europaparlament mit minutenlangem Beifall bedacht.

tog

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