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GRUSS AN DIE SPIONE: Wie geht die EU mit den Ausspähungen um?

Jan Philipp Albrecht von den deutschen Grünen brachte die Wut der Europaabgeordneten am Mittwoch auf den Punkt. Zum Beginn seiner Rede grüßte er freundlich die Geheimdienste, „die uns hier sicher ja auch gerade zuhören“.

Jan Philipp Albrecht von den deutschen Grünen brachte die Wut der Europaabgeordneten am Mittwoch auf den Punkt. Zum Beginn seiner Rede grüßte er freundlich die Geheimdienste, „die uns hier sicher ja auch gerade zuhören“. Zuvor hatten Vertreter von Kommission und Rat etwas hilflos betont, man habe noch keine Antworten aus den USA auf die offenen Fragen erhalten, bemühe sich aber um schnelle Aufklärung. Dementsprechend scharf reagierten die Abgeordneten. „Das Vertrauen ist erschüttert“, sagte der CSU-Abgeordnete Manfred Weber. „Freunde späht man nicht aus.“ Der griechische Sozialdemokrat Dimitris Droutsas ergänzte: „Das Internet ist ein massives

Überwachungsinstrument
geworden.“Aber auch das Parlament wagt keine direkte Konfrontation mit den USA. „Das Europäische Parlament hat eine riesige Chance verpasst“, urteilte die FDP-Abgeordnete Nadja Hirsch am Mittwoch. Es hätte einen Sonderausschuss einrichten sollen. Nur so, glaubt die Liberale, wäre die Wichtigkeit des Themas ausreichend betont worden. Doch das parlamentarische Untersuchungskomitee wird nach der gemeinsamen Resolution, die am Mittwoch beschlossen wurde, an den Innenausschuss (LIBE) angedockt. Bis Ende des Jahres soll es einen Bericht vorlegen und dafür zunächst Fakten über die US-amerikanischen und britischen Spionageprogramme sammeln. Die Abgeordneten sollen prüfen, wie stark die Rechte der europäischen Bürger durch das Abhören verletzt wurden. Hierfür sollen sie auch mit nationalen Parlamenten zusammenarbeiten, da diese teilweise weitergehende Rechte haben, Politiker zu befragen.

Das Komitee soll

Vorschläge entwickeln
, wie auf Spionageattacken künftig reagiert werden soll und diese verhindert werden können. Auch die IT-Sicherheit der EU-Institutionen soll überprüft werden. Der US-Geheimdienst hatte nach Berichten des Nachrichtenmagazins „Spiegel“ unter anderem die europäische Vertretung in Washington verwanzt und Abhörattacken auf das Parlamentsgebäude in Brüssel gestartet.

Zusätzlich plädiert das Parlament für eine ständige parlamentarisch-juristische Kontrolle von Geheimdiensten auf EU-Ebene, so, wie sie bereits in einigen Mitgliedstaaten existiert. Diese Klausel dürfte sich besonders auf die Bespitzelung durch den britischen Geheimdienst beziehen, dessen Verhalten manche Abgeordnete als „noch schlimmer als das der USA“ bezeichnen. „Die Auslandsspionage der USA ist

unschön, aber nicht illegal
“, sagte der FDP-Abgeordnete Alexander Graf Lambsdorff. „Die Briten dagegen haben europäisches Recht gebrochen.“ Die EU-Verträge untersagten geheimdienstliche Aktivitäten gegen die anderen Mitgliedstaaten, dagegen verstoße das „Tempora“-Programm der Briten.

Lambsdorff sprach sich deshalb wie auch einige Abgeordnete anderer Fraktionen für ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Großbritannien aus. Im gemeinsamen Beschluss steht davon allerdings nichts und auch vonseiten der Kommission und der Mitgliedstaaten gibt es bisher keine entsprechenden Signale.

Grüne, linke und einige sozialdemokratische Abgeordnete hatten sich vorab für einen Aufschub der Verhandlungen zum EU-Handelsabkommen mit den USA ausgesprochen. Auch EU-Justizkommissarin Viviane Reding hatte diese Möglichkeit in den vergangenen Wochen genannt, konnte sich aber nicht durchsetzen. Im Parlament betonten liberale und konservative Abgeordnete, dass die Wirtschaftsinteressen der EU nicht mit den Ermittlungen zu Geheimdienstaktivitäten vermengt werden dürften. elsi

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