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Guantanamo: Geheim bleibt geheim

Britische Richter wollten US-Akten über einen mutmaßlich gefolterten Guantanamo-Häftling veröffentlichen – die Regierung intervenierte.

Großbritanniens Außenminister David Miliband hat in einer Dringlichkeitsdebatte im Unterhaus die Behauptung zurückgewiesen, Großbritannien sei von der neuen amerikanischen Regierung „erpresst“ worden, die Veröffentlichung gerichtskundiger Fakten über die Folterung eines Äthiopiers mit britischem Wohnrecht zu blockieren. Eine Veröffentlichung der Dokumente „würde der nationalen Sicherheit und den internationalen Beziehungen Großbritanniens echten Schaden zufügen“, sagte Miliband. Die USA hätten nicht gedroht, bei einer Veröffentlichung die nachrichtendienstliche Zusammenarbeit bei der Terrorismusbekämpfung zu beenden. Zugleich versicherte Miliband: „Niemals billigen oder autorisieren wir Folter oder kooperieren dabei.“

Der 30-jährige Guantanamo-Häftling Binyam Mohamed behauptet, er sei zwischen 2002 und 2004 in Pakistan, Marokko und Afghanistan gefoltert worden, mit Wissen und Mithilfe britischer Agenten. Zwei hohe britische Richter wollten amerikanische Beweisdokumente veröffentlichen, die diese Anschuldigungen offenbar stützen. Brisant ist der Fall, weil Mohamed vor der Schließung Guantanamos nach Großbritannien ausgeliefert werden soll.

Menschenrechtsgruppen und Oppositionspolitiker wollen wissen, welche Rolle britische Dienste bei der Folterung Mohameds spielten. Die Regierung Obama hält jedoch am Veröffentlichungsverbot der Vorgängerregierung Bush fest. Zwar ordnete der neue US-Präsident unmittelbar nach seinem Amtsantritt die Schließung Guantanamos an und distanzierte sich von Folterpraktiken. Bei der Aufdeckung bisheriger Praktiken der Geheimdienste scheint er aber zu zögern. „Zwei demokratische Länder tun sich zusammen, um kriminelle Akte zu vertuschen“, sagte Mohameds Anwalt, Clive Stafford Smith. Die amerikanische Position sei „rechtswidrig“, da Verstöße gegen das Völkerrecht aufgeklärt werden müssten.

Lord Justice (John) Thomas und Richter Lloyd Jones hatten sich unter Protest der Forderung des Außenministeriums gebeugt und die Dokumente nicht veröffentlicht. Sie erklärten aber, es sei für sie „undenkbar“ gewesen, dass ein Rechtsstaat so etwas vom Gericht eines anderen demokratischen Landes erwarte.

Miliband betonte, Vertraulichkeit sei Grundlage der Zusammenarbeit von Geheimdiensten. Es sei Sache der jeweiligen Länder, „ihr Material“ zu veröffentlichen. Miliband führte erst am Dienstag in Washington Gespräche mit Außenministerin Hillary Clinton. Beide unterstrichen dabei den „einzigartigen Charakter“ der besonderen Beziehung. Das Weiße Haus nahm zu den Vorwürfen der Richter keine Stellung und dankte den Briten für ihre „anhaltende Selbstverpflichtung auf den Schutz von für die nationale Sicherheit relevanten Informationen“.

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