zum Hauptinhalt

Justiz: Guantánamo-Insassen sollen ohne Prozess in Haft bleiben

Eine Sonderkommission hat der US-Regierung empfohlen, 50 Guantánamo-Häftlinge unbefristet in Gewahrsam zu halten. Die übrigen sollen freikommen – oder vor Gericht.

Rund ein Viertel der knapp 200 noch verbliebenen Guantánamo-Insassen sollten aus Sicht einer staatlichen US-Sonderkommission auch nach Schließung des Lagers weiter ohne Prozess in Haft bleiben. Wie die Washington Post unter Berufung auf Regierungsbeamte berichtete, rät die eigens eingesetzte Task Force des Justizministeriums darüber hinaus, mindestens 110 der derzeit 196 Gefangenen freizulassen. 35 sollten unterdessen wegen Terrorverdachts vor Gericht gestellt werden.

Der Zeitung zufolge ist es das erste Mal, dass die Regierung von Präsident Barack Obama klar beziffert, wie viele Gefangene sie für eine Freilassung zu gefährlich hält, zugleich aber von einem Prozess absehen will. Die Regierung will in diesen Fällen kein Verfahren, weil sie Gefahren für die geheimdienstliche Arbeit sieht oder fürchtet, erzwungene Geständnisse könnten einen Prozess gefährden.

Obama wollte das weltweit kritisierte Lager eigentlich bis zum 22. Januar schließen. Wegen zahlreicher Rechts- und Sicherheitsbedenken ist dieser Termin jedoch verschoben worden. Die Gefangenen sollen bis dahin in ein Hochsicherheitsgefängnis im Illinois verlegt werden.

Menschenrechtler kritisierten die Absicht der Regierung, weiter Gefangene ohne Prozess einsperren zu wollen. "Es gibt in den USA keinen rechtlichen Rahmen, der uns erlaubt, Menschen ohne Anklage oder Verfahren endlos einzuschließen", sagte der Direktor der Bürgerrechtsorganisation ACLU, Anthony Romero, der Zeitung.

Ein Regierungsbeamter betonte jedoch, dass die Prüfung jedes einzelnen Falles in Guantánamo durch die Task Force des Ministeriums ein Fortschritt gegenüber der Politik von Präsident George W. Bush sei. "Es geht voran, und jetzt wird sehr viel planvoller und weniger zufällig verfahren, als es früher der Fall war", sagte er.

Die Regierung hatte erst am Donnerstag die bekannt gegeben zwei algerische Insassen in ihr Heimatland zurückzuschicken. Seit 2002 wurden mehr als 570 Gefangene in mindestens 37 Länder überstellt.

Im Oktober hatte der US-Kongress grünes Licht für die Verlegung von Häftlingen auf das amerikanische Festland gegeben, allerdings nur, um ihnen dort den Prozess zu machen. Einen Monat später entschied die Obama-Regierung, dass die mutmaßlichen Drahtzieher der Anschläge vom 11. September 2001 in New York vor Gericht gestellt werden sollen. Es wird der mit Abstand größte und spektakulärste Terrorprozess auf amerikanischem Boden.

Quelle: ZEIT ONLINE, dpa

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false