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Politik: Gut behauptet

Der Pädophilieskandal hat die Kirche erschüttert – doch die US-Katholiken erwarten Benedikt XVI. mit Selbstbewusstsein

Berlin - In keinem Land der Welt ist der „Markt der Religionen“ so hart umkämpft wie in den USA. Die katholische Kirche allerdings hat sich gegen die Konkurrenz evangelikaler Prediger, rasant wachsender Pfingstgemeinden und charismatischer Fernsehgurus ziemlich gut behaupten können. Ein Viertel aller Amerikaner gehört ihr an, die Gesamtpräsenz der Katholiken ist damit in den letzten vier Jahrzehnten ungefähr konstant geblieben. Zwar ist die Mehrheit der US-Bürger protestantisch. Betrachtet man jedoch die unterschiedlichen protestantischen Strömungen separat, bilden Katholiken vor Baptisten, Methodisten und Lutheranern die größte Gruppe.

Die Zusammensetzung der katholischen Gläubigen allerdings, wie eine kürzlich veröffentliche Studie des renommierten Pew-Forums über die „religiöse Landschaft“ nachweist, hat sich dramatisch verändert. Ein beträchtlicher Teil der im römischen Ritus Getauften hat ihrer Kirche den Rücken gekehrt – nicht zuletzt unter dem Eindruck der Skandalserie von Kindesmissbrauch und hartnäckiger Vertuschung. Diese Lücken jedoch haben Neueinwanderer geschlossen, die meisten aus dem katholischen Lateinamerika, aber auch aus Osteuropa und Asien. Knapp die Hälfte der zwischen 2000 und 2007 zugewanderten Bevölkerung sind Katholiken. Lediglich 24 Prozent gehören protestantischen Kirchen an. Und da sich die Zahl der Spanischstämmigen in den USA Pew-Schätzungen zufolge von heute 42 Millionen auf knapp 130 Millionen im Jahr 2050 verdreifachen wird, rechnen die Forscher damit, dass der katholische Einfluss in den kommenden Jahren spürbar steigt.

Keine schlechten Aussichten für die Gastgeber von Benedikt XVI., zumal ihre Bischöfe inzwischen den verheerenden Vertrauensschaden durch den Pädophilieskandal mit einer beispiellos-radikalen Aufarbeitung und Null-Toleranz-Politik eindämmen konnten. 13 000 Klagen gingen bei Gerichten ein, die über einen Zeitraum von 60 Jahren rund 5000 Geistliche betrafen. Durch Prozesse und hohe Entschädigungszahlungen sind mehrere Diözesen an den Rand der Zahlungsfähigkeit geraten. Auf mehr als zwei Milliarden Dollar belaufen sich nach Angaben der amerikanischen Bischofskonferenz die Gesamtkosten. Gleichzeitig wurden die Schulung von Geistlichen und Mitarbeitern intensiviert, die Fürsorge für die Opfer verstärkt sowie die Priesterausbildung grundlegend reformiert.

Die Zahl der Neupriester ist in den letzten Jahren mit rund 450 mehr oder weniger konstant geblieben – allerdings rekrutiert sich der Klerikernachwuchs immer stärker aus Zuwandererfamilien. Die Zahl der Diözesanpriester hingegen ist seit 1990 von 34 000 auf 28 500 gesunken – ein ähnlicher Schwund wie in auch Deutschland.

Glaubwürdigkeit zurückgewonnen hat die katholische Kirche in den USA auch durch ihren sozialpolitischen und gesellschaftlichen Einsatz – als christlicher Anwalt für die illegalen Einwanderer, die Ungeborenen, die Alten und die zum Tode Verurteilten.

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