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Ilkhanipour

© pa/dpa

Hamburg: Bürde der Unbesiegbarkeit

Hamburg-Eimsbüttel: Ein Streit gefährdet das sichere Direktmandat der SPD. hat sich Juso-Chef Danial Ilkhanipour parteischädigend verhalten?

Eine Viertelmillion Menschen wohnen in Hamburg-Eimsbüttel, 184 000 Wahlberechtigte hat der Großbezirk mit neun Stadtteilen, er zieht sich von der Außenalster bis an die Stadtgrenze im Nordwesten, wo der Hamburger SV kickt. Hier hat die SPD seit 1961 ihr Direktmandat bei einer Bundestagswahl noch nie verloren Das könnte sich in diesem Jahr ändern. Und das liegt am Hamburger Juso-Chef Danial Ilkhanipour.

Der 27-Jährige, Sohn iranischer Eltern, hat im November bei der Kandidatenkür den bisherigen Mandatsträger Niels Annen, Mitglied im SPD-Parteivorstand und Anhänger der Parteilinken, besiegt. Mit einer Stimme Mehrheit. Der überraschende Wahlausgang stürzte die gesamte Partei in Hamburg über Wochen in helle Aufregung. Wobei man wissen muss, dass es um die SPD in Hamburg, die über 40 Jahre lang diese Stadt regierte, lange schon eher wenig Aufregung gibt. Seit 2001, als die Sozialdemokraten ihre Macht verloren, regiert CDU-Mann Ole von Beust.

Ilkhanipour hatte seine Kandidatur erst nach Nominierung aller Wahlkreisdelegierten öffentlich gemacht. Deren Zusammensetzung bei vorheriger Kenntnis einer Ilkhanipour-Kandidatur hätte wohl anders ausgesehen, sagen seine heutigen Gegner. Rasch machte das Wort von einem Putsch die Runde, da Annen als Bundesvorstandsmitglied, Außenpolitiker und als einer der Sprecher des linken Flügels in seiner Fraktion großes Ansehen genießt. Ein möglicher Strippenzieher war schnell gefunden: Johannes Kahrs, ebenfalls SPD-Bundestagsabgeordneter aus Hamburg, dem konservativen Seeheimer Kreis zugehörig und in Hamburgs SPD bestens vernetzt. Ilkhanipour gilt als sein Zögling; Kahrs stritt alles ab.

Diese Turbulenzen sind es, die dazu führen könnten, dass sich die Eimsbütteler mehrheitlich lieber für Rüdiger Kruse von der CDU oder Krista Sager von den Grünen entscheiden. Am heutigen Freitag kommt der SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier nach Hamburg zum Auftakt seiner deutschlandweiten Kampagne „Das neue Jahrzehnt“. Er wird sich sicher erkundigen, wie es um den internen Parteifrieden der stolzen Hamburger SPD steht. Was sagt Ilkhanipour?

Sitzt man ihm in einem Cafe in Eimsbüttel gegenüber, taut er trotz eisiger Außentemperaturen schnell auf. Sein Redefluss gleicht schon dem eines Berufspolitikers. Da es in der Hamburger Politik derzeit für Sozialdemokraten kaum etwas zu gewinnen gibt, sieht der Chef von knapp 2000 Jusos sich für höhere Weihen berufen. Stolz beschreibt er seinen Werdegang in der Jugendorganisation, in der er als „Realo“ über lange Zeit eine Minderheitenposition einnahm. Andere hätten sich in solch einer Situation von der Politik abgewendet oder die Partei gewechselt, sagt Ilkhanipour, doch er wählte die unbequemere Variante des sich Durchbeißens. Er trieb die hanseatischen Jusos, nach eigenen Worten, zur Abkehr vom „linken Richtungsverband“ hin zum pragmatischen Politikstil. Mit der Juso-Bundesvorsitzenden Franziska Drohsel liege er inhaltlich nicht auf einer Linie, aber sie sei „menschlich sehr angenehm“.

Der Rummel um seine Person hat jedenfalls Spuren hinterlassen: Er hat abgenommen, sagt er. Zum Vorwurf des Verrats, zum Vorwurf, er habe sich parteischädigend verhalten, schweigt er. Darüber will er öffentlich nicht mehr reden. Sein aktuelles Lagebild zur SPD in Eimsbüttel lautet: „Aus meiner Sicht ist kein Tischtuch zerrissen.“ Jedenfalls schafften es seine Gegner nicht, den Jurastudenten, 17. Semester, zur Aufgabe zu zwingen. Der Streit schwelt weiter. In Internetforen kündigen Genossen an, keinen Wahlkampf für den umstrittenen Kandidaten zu führen.

45,1 Prozent der Stimmen hatte Niels Annen 2005 direkt auf sich gezogen. Ein ziemlich gutes Ergebnis. Sein Widersacher von der CDU, Wolfgang Beuß, holte 33,7 Prozent. Mal sehen, wie es diesmal wird. Keine Angst? Ilkhanipours Antwort überrascht nicht. „Yes, we can!“

Dieter Hanisch

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