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Hamburger Schulreform: Spekulationen über Rücktritt Ole von Beusts

Beharrlich halten sich in der Hansestadt Spekulationen, dass der Regierungschef über seinen Rücktritt nachdenkt.

Für das schwarz-grüne Bündnis in Hamburg ist die Abstimmung über die Schulreform ein Härtetest sondergleichen. Es geht um die Frage, inwieweit CDU und Grün-Alternative Liste (GAL) mit ihrer Politik die Bevölkerung noch erreichen. Als es zuletzt um Kita-Gebühren, Verkehrspolitik, Hochschulpolitik und Elbphilharmonie ging, kamen Zweifel daran auf. Das längere gemeinsame Lernen von Klasse 1 bis 6 ist ein zentrales Projekt im Koalitionsvertrag, für das Bürgermeister Ole von Beust (CDU) stets inbrünstig geworben hat. Beharrlich halten sich in der Hansestadt Spekulationen, dass der Regierungschef über seinen Rücktritt nachdenkt. Aus seiner eigenen Partei ist zu vernehmen, es gehe nicht mehr darum, ob er geht, sondern wann. Unmut gibt es in der Union, dass von Beust seit langem zu seiner Zukunft schweigt. Die Partei ist in den jüngsten Umfragen hinter die SPD zurückgefallen. Ein verlorener Volksentscheid am Sonntag und eine Debatte um von Beust, so die Befürchtungen, könnten diesen Trend noch verschärfen.

Schon jetzt werden erste Namen gehandelt, die von Beust nachfolgen könnten. Innensenator Christoph Ahlhaus wird da zuerst genannt, aber auch Sozialsenator Dietrich Wersich. Der betont, er würde zur Verfügung stehen, wenn man ihn fragen würde.

Von Beust selbst gönnt sich einen Kurzurlaub auf Sylt und lässt alle Interviewanfragen durch die Senatskanzlei abblocken. Amtsmüde soll der in Hamburg so beliebte von Beust sein. Sein Schweigen zu all den Gerüchten, er könnte womöglich bereits am Sonntag den Dienst quittieren, werden auch dadurch verstärkt, dass sich Hamburgs neuer CDU-Landesvorsitzender Frank Schira, der zugleich auch Fraktionschef seiner Partei ist, zu keiner Stellungnahme bereit erklärt. Im Gegenteil: Er hat mitten in der parlamentarischen Sommerpause für Sonntag, 16 Uhr, eine Vorstandssitzung anberaumt.

So oder so dürfte die Sitzung zu einem Scherbengericht werden, da auch eine Senatsumbildung anstehen soll. So hat die parteilose Kultursenatorin Karin von Welck in ihrem Ressort zu viele Baustellen, der sie nicht gewachsen scheint – allen voran das Management um die immer teurer werdenden Elbphilharmonie. Und auch die Wissenschaftsministerin Herlind Gundelach (CDU) hatte mit ihren Uni-Umzugsplänen eine Niederlage erlitten, als von Beust verkündete, die Uni bleibt, wo sie ist und wird am jetzigen Standort in Eimsbüttel erweitert.

Ein vorzeitiger von Beust-Abgang scheint sicher. Die Legislaturperiode endet erst 2012. Bleibt die Frage, wie er ihn nach außen vermitteln will: Als Volksentscheid-Verlierer, der die Verantwortung übernimmt? Als Volksentscheid-Gewinner mit breiter Brust? Oder im Zuge einer Kabinettsumbildung – dann mit dem Hinweis, er hinterlasse geordnete Verhältnisse?

Die SPD geht mit den Rücktrittsgerüchten gespalten um: Ex-Bürgermeister Henning Voscherau hat die Senatskrise bereits fest vor Augen und verweist auf Nordrhein-Westfalen, indem er eine Minderheitsregierung mit der GAL vorschlägt. Gleichzeitig verprellt er aber die Grünen, weil er sich kurz vor dem Volksentscheid gegen die von seiner eigenen Partei mitgetragenen Schulreformpläne ausspricht – übrigens auch gegen die Meinung seiner Bürgermeisterkollegen Klaus von Dohnanyi und Hans-Ulrich Klose. Der SPD-Landeschef Olaf Scholz wiederum hält nichts von einer Minderheitsregierung, Neuwahlen könne er sich aber vorstellen.

Der Elterninitiative „Wir wollen lernen“, Urheber der Volksabstimmung, kommt die Unruhe bei ihren Gegnern entgegen. Offenkundig wurde die Volksinitiative anfangs im Hamburger Rathaus unterschätzt. Dann sammelten sie aber 185 000 Unterschriften gegen die Schulpläne. Schulsenatorin Christa Goetsch (GAL) hat zielstrebig auf den schnellen Systemumbau, der bereits nach den Sommerferien starten soll, hingearbeitet. Wie kein anderes Bundesland investiert Hamburg trotz maroder Finanzen in die bauliche Substanz, in Fortbildung und in zusätzliche Lehrerstellen. Nachdem sich mit SPD und Linken auch die Opposition den schwarz-grünen Schulplänen angeschlossen hatte, steht die Initiative „Wir wollen lernen“ nunmehr als außerparlamentarische Kraft dar.

Als einzige Partei haben die Sozialdemokraten sich bereit erklärt, unabhängig vom Ausgang des Volksentscheids die Abstimmung als Maßstab für einen zehnjährigen „Schulfrieden“ zu nehmen. In der nächsten Dekade soll dann also am Schulsystem nichts mehr reformiert werden, zumal man sich in der Hansestadt einvernehmlich für ein künftiges Zweisäulenmodell mit Gymnasium und Stadtteilschule verständigt hat. In beiden Schulformen kann man das Abitur machen.

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