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Politik: Handeln nach Plan B

Israel setzt nach mehreren Angriffen einen bisher geheimen Trennungsplan für das Westjordanland in Kraft

Wenn Palästinenserpräsident Mahmud Abbas Mitte der Woche US-Präsident George Bush trifft, ist das eine Premiere. Abbas’ Vorgänger Arafat war nach Bushs Amtsantritt im Jahr 2001 nicht mehr in Washington gewesen. Doch Abbas reist mit schwerem Gepäck: Die islamistische und nationalistische Opposition versucht, ihn durch Gewaltakte unter Druck zu setzen, damit er in Washington zu wenig Zugeständnissen bereit ist. Vor allem soll gezeigt werden, dass die besonders von den USA geforderte aktive Terrorbekämpfung ein Ding der Unmöglichkeit ist.

Israel wiederum versuchte bisher, Abbas unter anderem durch Versprechen von Erleichterungen für die Zivilbevölkerung zu Zusagen beim Kampf gegen Islamisten und Radikalnationalisten zu bewegen. Auch sollte die interne Stellung des Präsidenten im Hinblick auf die Parlamentswahlen Anfang kommenden Jahres gestärkt werden. Doch seit Sonntagabend ist alles anders: Der Anschlag auf eine Haltestelle für Anhalter südlich von Bethlehem im Westjordanland, bei dem drei jüngere Siedler erschossen und vier weitere zum Teil schwer verletzt wurden, sowie eine weiterer Angriff nördlich von Jerusalem, bewogen Israel zur radikalen Umkehr. Der zuständige Armeekommandant, Brigadegeneral Jair Golan, sagte: „Unsere Politik muss geändert werden. Nach einem Jahr der Deeskalation haben wir nun eine Situation, die uns um mindestens zwei Jahre zurückwirft.“

Die erste Phase eines bisher von der Armee geheim gehaltenen Trennungsplans für das Westjordanland wurde kurzfristig umgesetzt – mit verheerenden Auswirkungen für die palästinensische Bevölkerung. Die Armee hatte den Plan in den vergangenen Monaten auf Anweisung der Regierung ausgearbeitet, während sich die Aufmerksamkeit im In- wie im Ausland auf die Siedlungsräumungen und den Truppenabzug im Gazastreifen gerichtet hatte. Als erster Schritt wurde nun der Verkehr von Privatfahrzeugen zwischen den palästinensischen Städten und Dörfer weitgehend verboten.

Die wichtigsten Verkehrswege dürfen praktisch nur noch israelische Fahrzeuge sowie kommerzielle und öffentliche Verkehrsmittel der Palästinenser befahren. Außerdem sollen die in der letzten Zeit geräumten Straßensperren wieder errichtet werden. Das Westjordanland wurde erneut total abgeriegelt, die Städte Bethlehem und Hebron von der Armee umstellt. Die vor kurzem wieder aufgenommenen gezielten Tötungen von Terrorverdächtigen und deren Hintermännern wird fortgesetzt. Das Gleiche gilt für die Verhaftungswelle, in deren Verlauf seit dem Abzug aus dem Gazastreifen rund 700 Personen im Westjordanland festgenommen worden sind.

Ursprünglich sollte der Trennungsplan ab kommendem Jahr stufenweise umgesetzt werden. Das hätte den Palästinensern Zeit gegeben, Alternativrouten zu den nur noch für Siedler und Armee offen stehenden Straßen zu bauen. Die vorzeitige Umsetzung des Plans bedeutet, dass die palästinensische Zivilbevölkerung nur noch per Bus von einem Ort in den anderen gelangt. Nach israelischen Angaben sind diese Verkehrsbehinderungen bereits definitiv.

Nur vorübergehend ist dagegen nach Angaben des Außenministeriums der Abbruch aller Kontakte zur palästinensischen Autonomiebehörde seitens der israelischen Regierung. Israel wolle nicht zur unerträglichen Realität täglicher Attacken gegen seine Bürger zurückkehren und sende deshalb eine „sehr starke und scharfe Botschaft an die Palästinenser. Die vorläufige Suspendierung der Gespräche ist diese Botschaft“, sagte ein Außenamtssprecher.

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