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Politik: Handke – und die Suche nach Schuldigen

Düsseldorf - In diesem Punkt könnte sich Joachim Erwin täuschen. Der Düsseldorfer Oberbürgermeister hat sich in den Urlaub verabschiedet und den Journalisten zugerufen, sie hätten nun mindestens eine Woche nichts mehr zu schreiben.

Düsseldorf - In diesem Punkt könnte sich Joachim Erwin täuschen. Der Düsseldorfer Oberbürgermeister hat sich in den Urlaub verabschiedet und den Journalisten zugerufen, sie hätten nun mindestens eine Woche nichts mehr zu schreiben.

Tatsächlich steht Erwin auch als Abwesender unter Beschuss, weil er als einer der Stimmführer die Juryentscheidung, den diesjährigen Heinrich-Heine-Preis an Peter Handke zu vergeben, trotz aller Proteste offensiv verteidigt hat. Manche sehen darin autobiografische Züge. Auch Erwin hat Freude daran entwickelt, allein gegen alle Widerstände anzukämpfen – wie es Handke mit seinen politisch umstrittenen Einlassungen zum Balkan-Konflikt und Milosevic getan hat. Mit seinem Beharren auf der Entscheidung verprellt Erwin diesmal aber nicht nur politische Gegner. Selbst in der eigenen CDU-Stadtratsfraktion wird am 22. Juni eine Mehrheit mit der Opposition stimmen, um den Jurybeschluss zu kippen.

Aus Protest gegen die Beschlüsse der Fraktionen im Düsseldorfer Stadtrat erklärten nach einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ die Literaturkritikerin Sigrid Löffler und der Pariser Literaturprofessor Jean-Pierre Lefèbvre ihren Austritt aus der Jury. Auf politischer Ebene rücken unterdessen Konflikte im Verhältnis zwischen Landeshauptstadt und -regierung ins Blickfeld. Und mit ihnen Staatskanzleichef Hans Heinrich Grosse- Brockhoff. Er arbeitete früher als Stadtdirektor für Erwin und ist ihm seither in herzlicher Abneigung verbunden. Als Jurymitglied hätte er die Entscheidung für Handke mit dem ihm zustehenden doppelten Stimmrecht verhindern können, blieb aber der Sitzung fern. Er komme nicht, weil das Verhältnis zwischen Stadt und Land heillos zerrüttet sei, teilte er mit.

In der Regierung fragt man sich nun, ob nicht Grosse-Brockhoff schuld sei, weil er seine persönliche Animosität wichtiger fand, als den Preisträger Handke zu verhindern. Grosse-Brockhoff wird bereits für viele Pannen verantwortlich gemacht. Bis jetzt hat ihm Jürgen Rüttgers aber die Stange gehalten.

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