zum Hauptinhalt

Politik: Hartz – die Union will „voll reinschlagen“

Wulff: Wir werden aus dem Konzept Kampfkraft ziehen / Tiefensee: Kommunen um vier Milliarden Euro entlastet

Berlin. Die Union hat sich eine Woche vor der offiziellen Bekanntgabe des Berichtes der Hartz-Kommission darauf verständigt, das Kommissions-Konzept und die Arbeitsmarktpolitik von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) massiv anzugreifen. In den verbleibenden Wochen bis zur Bundestagswahl werde die Union „voll reinschlagen und aus dem Hartz-Bericht Kampfkraft für den Endspurt bis zum Wahltag ziehen“, sagte der CDU-Landeschef von Niedersachsen, Christian Wulff, am Sonntag dem Tagesspiegel. Eine entsprechende Vereinbarung der Unionsführung sei bereits am Freitag nach dem Ende der Kommissionssitzung getroffen worden.

Wulff bezeichnete es als „empörend“, dass die SPD-geführte Bundesregierung „jahrelang nichts für den Arbeitsmarkt getan“ hätte und nun den Wählern weismachen wolle, dass mit dem Konzept einer Kommission „alles besser wird“. Dies sei „nicht mehr als eine Illusion“ im Wahlkampf. Das Hartz-Konzept bezeichnete Wulff überdies als „Schlag in das Gesicht der gesamten Bundesregierung“, weil es deren Arbeit der letzten vier Jahre zunichte mache. Wulff warf den Sozialdemokraten vor, die Zusammenhänge zwischen Steuerpolitik und Tarifpolitik und der Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt zu verwischen. „Wer regiert eigentlich dieses Land“, sagte der Niedersache, „die Regierung oder eine Kommission?“ Wer sich die Vorschläge im Hartz-Bericht genauer ansehe, der erkenne „alte sozialdemokratische Politik“. Die meisten der Vorschläge würden die öffentlichen Kassen „massiv“ belasten, ihre Umsetzung sei deshalb „von vornherein zum Scheitern verurteilt“. Peter Hartz, den VW-Manager und Kommissionschef, bezeichnete Wulff als „Stollmann des Jahres 2002“. Der Manager Stollmann, den Gerhard Schröder 1998 zum Wirtschaftsminister machen wollte, sei „jetzt auf Weltreise und sieht sich das Elend von außen an“.

Auch Arbeitgeber-Chef Dieter Hundt kritisierte die Beschlüsse der Kommission. Sie seien nicht der große Wurf zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, Martin Wansleben, sagte, das Konzept greife zu kurz. Vielfach werde der arbeitsmarktpolitische Status quo mit Samthandschuhen angefasst. DGB-Chef Michael Sommer warnte hingegen die Arbeitgeber, die Vorschläge zu zerreden. „Rosinenpickerei der Arbeitgeber werden wir nicht zulassen.“ Der DGB-Vorstand werde die Vorschläge am Donnerstag beraten.

Am vergangenen Freitag hatte die Kommission ihr Konzept für eine Reform des Arbeitsmarktes beschlossen. Darin sind individuelle Leistungskürzungen für Arbeitslose vorgesehen, die nicht die von ihnen geforderten Gegenleistungen erbringen. Nach Informationen der „Financial Times Deutschland“ gehört zu den Vorschlägen auch die komplette Liberalisierung der Zeitarbeit. So solle dem Bericht der Zeitung zufolge die Befristung der Zeitarbeit ebenso aufgehoben werden wie das Wiedereinstellungsverbot.

Leipzigs Oberbürgermeister Wolfgang Tiefensee (SPD), der auch Mitglied der Hartz-Kommission ist, sagte der „Leipziger Volkszeitung“, ab Ende nächsten Jahres könnten die Pläne Kommunen bei den Leistungen für Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger um drei bis vier Milliarden Euro jährlich entlasten. Die Kommission will allen arbeitsfähigen Sozialhilfeempfängern künftig ein Arbeitslosengeld zahlen und ihnen neue Jobs vermitteln.Antje Sirleschtov

NAME

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false